Finanzen
Barvermögen aus Erbschaften sind nicht nur Geldmünzen und Scheine
Redaktion / ErbTeilung GmbH · 30.08.2024
Eine genaue Erbschaftsurkunde lässt die Verteilung des Erbes nicht wie ein Kartenhaus zusammenfallen. Foto: chocolat01 / pixelio.de
Vermeidbar. Denn das Oberlandesgericht Oldenburg hat dazu ein Urteil gefällt. Die Richter entschieden mit ihrem Urteil (Az.: 3 U 8/23), dass mit Barvermögen nicht nur Scheine und Geldmünzen gemeint sind, sondern auch das sofort mit einer Karte abhebbare Bargeld auf dem Konto.
Bar ist alles sofort verfügbare Geld
Der Begriff des Barvermögens sei in der heutigen Zeit neu zu interpretieren. Heutzutage werden überwiegend bargeldlose Zahlungsarten eingesetzt. Daher versteht man unter Barvermögen das Bargeld im körperlichen Sinne und die bei Banken befindlichen sofort verfügbaren Gelder. Die Verwendung von Bargeld in Form von Münzen und Scheinen sei heute bei Weitem nicht mehr in dem Maße üblich, wie dies früher einmal war. Durch die vermehrte Kartenzahlung habe sich damit auch die Verkehrsanschauung des Begriffs „bar" verschoben. Der Begriff des Bargeldes umfasste heutzutage das gesamte Geld, das sofort, also auch über eine Kartenzahlung, verfügbar sei, betonten die Oldenburger Richter.
Wertpapiere fallen nach dem Richterspruch nicht unter den Begriff des Barvermögens. Vielmehr werden Wertpapiere durch den erweiterten Begriff des Kapitalvermögens mit abgedeckt, der das Barvermögen einschließlich weiterer Kapitalwerte in Geld beschreibt, klärte das Gericht auf.
Gehören Gold und Bitcoins zum Bargeld?
Abteilungsleiter Alexander Krolzik von der Verbraucherzentrale Hamburg begrüßt die Klarstellung des Gerichts, „was unter den Begriff des Barvermögens fällt und was nicht, da die heutige Generation darunter vielfach etwas anderes versteht als die Erblasser.“ Keine Frage: Bei der Jugend geht der Bezug zum Bargeld immer mehr verloren. Sie zahlt heute häufig über Mobiltelefone und Smartwatches, also gerade nicht bar. „Wer entsprechend weit auslegt, kann unter Barvermögen auch sofort verkäufliche Aktiendepots oder Goldmünzen verstehen. Und was gilt zum Beispiel bei Bitcoins?“, fragt sich Manfred Gabler, Geschäftsführer von ErbTeilung. Für all diese Einzelfälle kann man das Testament letztendlich in die eine wie die andere Richtung auslegen. Soweit der Erblasser hier nicht eindeutig formuliert, läuft er Gefahr, dass einzelne Personen gegen seinen Willen zu viel oder zu wenig erben. Hier braucht es mehr Klarheit von den Notaren der Urkunden.
Schwammige Aussage des Notars
In dem vom Oberlandesgericht Oldenburg entschiedenen Fall hatten Geschwister über die Auslegung des Testaments ihres verstorbenen Vaters gestritten. Dieser hatte vor einem Notar in das Testament einen undeutlichen Passus aufgenommen: „Das bei Eintritt des Erbfalls vorhandene Barvermögen soll zu einem 1/3 Anteil an meine Tochter ausgezahlt werden.“ Es handelte sich um Kapitalvermögen mit Depotwerten und Bankguthaben. Die Tochter des Verstorbenen forderte aus den Depotwerten ebenfalls einen Anteil, blieb jedoch den Beweis schuldig, dass der Vater mit Barvermögen auch diese Werte einschließen wollte. Der seinerzeit beurkundende Notar hatte zwar vor Gericht ausgesagt, dass er den Vater so verstanden habe. Doch diese Aussage hielten die Oldenburger Richter für zu schwammig. Das Verständnis des beurkundenden Notars könne nicht mit dem Willen des Erblassers gleichgesetzt werden, monierte das Gericht und wies die Klage insoweit ab.
Andere Gerichte, andere Ergebnisse
Auch der Bundesgerichtshof (Az.: IV ZR 17/74) hat sich schon mit der Bargeld-Problematik in Testamenten auseinandergesetzt. Die Karlsruher Richter entschieden, dass unter Barvermögen „auf der G Bank“ auch die dort befindlichen Wertpapiere verstanden werden. In dem dortigen Testament war also explizit eine bestimmte Bank genannt worden, so dass alle dort befindlichen Vermögenswerte im Rahmen der Auslegung des Begriffs Barvermögen mitumfasst waren. Das Bayerische Oberste Landesgericht (Az.: 1Z BR 124/02) hatte entschieden, dass es nach der Lebenserfahrung nicht fernliege, dass mit dem Begriff Barschaft nicht nur der geringe Bargeldbestand im Haus beziehungsweise in der Geldbörse gemeint ist, sondern auch die leicht verfügbaren Bankguthaben. Und nach Ansicht des Oberlandesgerichts Karlsruhe (Az.: 19 U 58/05) fallen frei veräußerliche Kapitalanlagen noch zwanglos unter den Begriff des Bargelds. Anders das Oberlandesgericht München (Az.: U 1473/21): Die dortigen Richter konnten keine Regel ausmachen, nach der unter dem Begriff Bargeld zwangsläufig auch das auf Bankkonten liegende Geld umfasst werde.
Fazit zum Begriff Bargeld in Erbschaften:
- Der Begriff des Bargelds umfasst heute das gesamte Geld, das sofort, also auch über eine Kartenzahlung, verfügbar ist.
- Wichtig ist die detailgenaue Ausarbeitung der Erbschaftsurkunde: Umso genauer im Testament beschrieben ist, welche Vermögenswerte von dem Begriff „Barvermögen“ erfasst werden sollen, desto sicherer kann man sein, dass das Erbe dem eigenen Willen nach verteilt wird.
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Tags: Barvermögen , Erben , Erbrecht , Erbschaft , Testament