A- A A+

Aktiv werden

Wenn Straßenbäume in Köln bunte Füße bekommen

Susanne Neumann, 2020 · 17.05.2024

Eine Baumscheibe - bepflanzt mit Kräuern und Tulpen. Foto: Susanne Neumann

Eine Baumscheibe - bepflanzt mit Kräuern und Tulpen. Foto: Susanne Neumann

79.000 Bäume stehen an Kölns Straßen, umgeben von „Baumscheiben“. Um diese paar Quadratmeter offenen Erdreichs bemühen sich vielerorts Menschen mit grünem Daumen.

Gertrud Bach-Korth wohnt im Erdgeschoss eines Mietshauses mitten in der Stadt. Doch wenn sie aus ihrem Wohnzimmerfenster blickt, schaut sie auf viel Natur: Die Kirche St. Laurentius auf der anderen Straßenseite umgibt ein Grünstreifen. Und entlang der Straße gegenüber ihrem Balkon stehen zwischen Gehweg und Straße elf Ahorne. Rund um den Fuß jedes Baumstamms wächst, grünt und blüht zu jeder Jahreszeit etwas anderes.

„Ich wollte ein bisschen mehr Natur hier haben“

Was dort gedeiht, darum kümmert sich Gertrud Bach-Korth. Sie ist ehrenamtliche Baumpatin für die Ahorne und die paar Quadratmeter Erdreich, in denen sie wurzeln. „Baumscheiben“ werden diese Aussparungen für die Bäume im Straßenpflaster genannt. „Ich wollte ein bisschen mehr Natur hier haben“, erinnert sich die 76-jährige Kölnerin, die 1986 in die Wohnung im Uni-Viertel zog. „Ich bin in der Natur aufgewachsen und habe mich schon als Kind für Pflanzen interessiert.“ Die Baumscheiben, die sie von ihrer Wohnung aus im Blick hatte, seien ein trauriger Anblick gewesen. 1989 bepflanztesie die ersten beiden, die ihrem Balkon am nächsten sind, weitere folgten nach und nach.

Naturnah gärtnern in der Stadt

Heute gedeihen mehr als sechzig verschiedene Pflanzenarten darin – überwiegend Stauden und Zwiebelblumen. Fast alles, was sie anpflanzt, hat die Hobbygärtnerin aus Stecklingen und Samen selbergezogen. Viele Pflanzen stammen auch noch aus dem Garten ihrer Eltern, wie die Osterglocken zum Beispiel, die jedes Jahr wiederkommen. Und einiges hat sich auch von selbst angesiedelt und ausgebreitet. Geld gibt sie fast nur für Pflanzenerde aus. Bach-Korth achtet besonders darauf, dass viele Blumen in den Beeten wachsen, die von Insekten angeflogen werden. Löwenmäulchen etwa, die sich obendrein leicht aussäen ließen, seien bei Bienen besonders beliebt. Wildbienen gebe es in ihrem Viertel noch, berichtet die Baumpatin. Nur Schmetterlinge seien schon lange nicht mehr gekommen.


Sogar im Januar blühten in den Baumbeeten von Patin Gertrud Bach-Korth dank der milden Witterung vereinzelte Löwenmäulchen. Foto: Susanne Neumann

"...was man dabei alles lernt“

Das Wasser für die Baumbeete schleppt sie aus dem Keller ihres Wohnhauses in Kannen und Eimern zu den Beeten. Zum Glück müsse sie aber nur noch gießen, wenn sie etwas frisch gepflanzt habe, versichert die Rentnerin. Selbst wenn Stauden vertrockneten – wie so viele inden letzten heißen Sommern –, kämen sie meistens im nächsten Jahr wieder. „Sie glauben gar nicht, was man dabei alles lernt“, begeistert sich Bach-Korth. Ihr Wissen und ihre Erfahrungen teilt sie gerne mit Menschen, die sich an ihren Beeten erfreuen und sie zu würdigen wissen.

Schnuppern statt ärgern

Gerne erklärt sie, was da wächst und wie es heißt, und lässt an Minze, Rosmarin oder Thymian schnuppern. Die Anerkennung und die Freude an der Natur lässt sie die kleinen und großen Ärgernisse verwinden, die sie als Baumpatin, übrigens eine von 1.400 stadtweit, natürlich auch hat. Anfangs habe sie dauernd in Hundekot gefasst, erinnert sie sich. Darüber, dass Studierende ihre Fahrräder im Beet abstellen, kann sie nur den Kopf schütteln. Und dass Pflanzen ausgebuddelt und mitgenommen werden, komme ebenfalls vor.

Die meiste Mühe mache ihr jedoch der achtlos fortgeworfene Müll in ihren Beeten, den sie regelmäßig aufliest. So brauchten Baumpaten ihrer Erfahrung nach eine hohe Frustrationstoleranz: „Es ist was für Geduldige“, stellt Gertrud Bach-Korth fest.

In Ehrenfeld hilft eva

Die Pflege der Baumscheiben falle ihr zunehmend schwerer, gesteht sie. Viel Mühe mache ihr zum Beispiel der Rückschnitt des Efeus, damit er nicht alles überwuchere oder gar am Stamm des Baumes hinaufwachse. Da helfen im Stadtbezirk Ehrenfeld die Teams vom Ehrenfelder Verein für Arbeit und Qualifizierung (eva) e. V. Dort pflegen Langzeitarbeitslose die Baumscheiben an der Venloer Straße und unterstützen Baumpaten im ganzen Stadtbezirk –das heißt auch Müll aufsammeln, Efeu schneiden, Beete auflockern oder frische Stauden oder Blumenzwiebeln setzen.

Gleich loslegen und begrünen

Es gebe Standorte, die sich nicht für eine Patenschaft eigneten, informiert Sandra Winter vom Amt für Landschaftspflege und Grünflächen, zum Beispiel an sehr verkehrsreichen Straßen. Daher werden die örtlichen Bedingungen zunächst geprüft. Fachkenntnisse müsse man nicht nachweisen. Nach der Registrierung kann ein Baumpate gleich loslegen und sich um Pflanzen, Erde und Gießwasser kümmern. „Wenn man sich an die Regeln hält und unsere Empfehlungen und Tipps beachtet“, versichert Winter, „kann eigentlich nichts schiefgehen.“

 

Amt für Landschaftspflege und Grünflächen

Sandra Winter
Tel. 0221 / 221-2 76 07
E -Mail: 67-ehrenamt@stadt-koeln.de

www.stadt-koeln.de > leben-in koeln> freizeit -natur-sport > wald> mitgestalten

Verein für Arbeit und Qualifizierung (eva) e. V.

Katja Mildenberger
Tel. 0221 / 50 60 92-40
E - Mail: mildenberger@eva-ev.de

www.evag gmbh.de > eva e. V.> Projekte > Baumscheiben

 

Das könnte Sie auch interessieren

Begrünen: Von Fassadenkletterern und Mauerblümchen

Schon gewusst...? Sparen Sie beim Wässern Ihrer Gartenpflanzen!

Alexianer Klostergärtnerei - Das Geheimnis vom Schnuppern und Schwelgen

Wildkräuter sammeln - Nicht nur ein Augenschmaus

Medientipp

Auch in anderen Städten gibt es Bepflanzungsprojekte. In diesem Video begrünen Nachbarn eine Baumscheibe in Berlin.

Quelle: Youtube

Tags: Stadtbegrünung in Köln , Straßenbäume bepflanzen

Kategorien: Unser Köln , Nachhaltigkeit