A- A A+

Leben in Köln

Kölner Köpfe – Margot Härtel

Jürgen Schön · 22.09.2022

Foto: Thomas Banneyer

Foto: Thomas Banneyer

Seit über zwanzig Jahren engagiert sich Margot Härtel in einem gemeinnützigen Second­Hand­Laden.

Nach dem Potsdamer Abkommen, das 1945 die Grenzen in Europa neu zog, wurden die damals neunjährige Margot und ihre Familie aus ihrer schlesischen Heimat vertrieben. Zunächst in die sowjetisch besetzte Zone, die spätere DDR. Von dort flüchteten sie 1956 in den Westen, landeten zuerst in Dortmund. Eine Fernseh-Übertragung des Karnevals lockte Margot an den Rhein nach Köln – und sie fühlte sich von den Menschen hier sofort herzlich aufgenommen. „Das muss ich der Stadt zurückgeben“, sagte sie sich schon damals – und tut das nun seit über zwanzig Jahren. Als ehrenamtliche Vorsitzende des gemeinnützigen Vereins „Apfelbäumchen“.

Rentnerinnen gründeten Apfelbäumchen

Das Haus Im Ferkulum 58 steht abseits der belebten Severinstraße. Ein schmales, modernes Haus zwischen alten Gründerzeithäusern. Unten ein kleines Ladengeschäft. In der Auslage Kleidungsstücke, Gläser, Bilder. Auf den ersten Blick ein normaler Second-Hand-Laden mit dem Namen „Apfelbäumchen“ – so steht es auf der Scheibe. Doch es ist mehr: Apfelbäumchen – das greift einen Martin Luther zugeschriebenen Spruch auf: „Selbst wenn ich wüsste, dass morgen die Welt untergeht, würde ich heute noch einen Apfelbaum pflanzen.“

Das dachten sich 1997 auch einige Rentnerinnen und gründeten diesen Laden: Zu niedrigen Preisen wird vor allem Second-Hand-Kleidung angeboten – in der Regel alles tadellose Markenware. Der Reinerlös kommt vor allem gemeinnützigen Kölner Organisationen zugute, die Kinder unterstützen. Im Jahr sind das 10.000 bis 12.000 Euro. 2000 stieß auch Margot Härtel zum „Apfelbäumchen“. Die Jahre zuvor hatte die Mutter eines Sohnes zu Hause ihren Ehemann gepflegt. Nach dessen Tod musste sie etwas tun, am besten das, was sie schon lange vorhatte: der Stadt etwas zurückgeben.

Organisiationstalent

Da kam ihr die Anfrage ihrer Freundinnen gerade recht: „Willst du mitmachen?“ Seit 2005 ist sie Vorsitzende und zugleich Schatzmeisterin des gemeinnützigen Vereins. Organisieren hat sie in der Familie gelernt, den verantwortungsvollen Umgang mit Zahlen und Geld in ihrem Job bei Banken und Versicherungen. Denn dass auch sie Geld für den Haushalt verdient, war für sie und ihren Mann eine Selbstverständlichkeit.

Jetzt ist Margot Härtel wieder regelmäßig mit zehn Kolleginnen im „Apfelbäumchen“. Wird den Betrieb regeln und die Finanzen führen. Ans Aufhören denkt sie noch lange nicht – und die 86 Jahre sieht man dem Energiebündel nicht an. Harte Ehrenamtsarbeit, Liebe zur Musik und Morgengymnastik halten eben fit.

Haben Sie Lust, mitzumachen?
Apfelbäumchen e. V.
Im Ferkulum 58,
Tel. 0221 / 32 98 02

Mehr Interviews? Das könnte Sie auch interessieren:

Im Gespräch mit der Schauspielerin Lotti Krekel
Lesen Sie ein Interview mit Dr. Renate Maria Hirth.
Mehr spannende Informationen über die Bläck Fööss lesen Sie im Gespräch mit Hartmut Priess.

Tags: Ehrenamt und Freiwilligkeit , Kölner Köpfe

Kategorien: Leben in Köln