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Kölner Köpfe – Hartmut Priess
Lydia Schneider-Benjamin, 2020 · 13.05.2024
Foto: Lydia Schneider-Benjamin
Herr Priess, Sie waren bei einer der kölschesten Bands, haben aber ihre Kindheit nicht hier verbracht?
Ja, ich kam erst 1951 aus Berlin nach Köln, mit neun Jahren, als Wanderer zwischen den Welten. Ich hatte furchtbares Heimweh, das können Kölner bestimmt gut verstehen, bei denen fängt das Heimweh schon hinter Wesseling an … Bei mir war es nicht Sehnsucht nach Berlin, sondern nach den Menschen, nach meinen Freunden, die ich zurücklassen musste. Aber mein Vater hatte hier eine bessere Stelle gefunden.
Sind Sie denn hier einigermaßen zurechtgekommen?
Das war schon eine große Umstellung, hier herrschte in den 50ern ein harter Katholizismus. Ich ging zur Schule Kreuzgasse, die aber kein eigenes Gebäude mehr hatte und in der Irmgardisschule untergebracht war. Wir waren als Schüler in vier Gruppen unterteilt: katholisch, evangelisch, Mädchen, Jungen. Nur auf der Straße war das nicht möglich, uns zu trennen (Gott sei Dank!). Und dort habe ich auch Kölsch kennengelernt. An Schulen war Kölsch damals verpönt, besonders am Gymnasium.
War Ihnen denn immer klar, dass Sie Musiker werden?
Nach meinem Abitur machte ich immer mehr Musik, für meine Familie war das in Ordnung, ich hatte nicht so einen vorgezeichneten Lebenslauf wie viele andere damals. 1970 haben wir dann die Bläck Fööss gegründet. Seit vielen Jahren sind Sie auch mit Musikprojekten an Schulen aktiv. Seit dem Jahre 2001 arbeiten wir mit dem Schulamt der Stadt Köln zusammen. Es begann mit einem Projekt an der Elisabeth-von-Thüringen-Schule, im Musikunterricht sollte ich mit den Schülern zum Thema „engagierte Lieder“ arbeiten. Da haben wir mit den Schülern erarbeitet, dass kölsche Texte manchmal wichtiger sind als die Musik. Die Schüler hatten daran viel Spaß, bis heute. Ein weiteres Projekt entstand daraus, dass Schüler sich am Ende ihrer langen gemeinsamen Zeit trennen müssen. Unser Lied „Zesammestonn“ griff genau dieses Abschiedsgefühl nach den vielen gemeinsamen Schuljahren auf. Für dieses Lied gab es immer viel Unterstützung von den Lehrern, besonders an den Grundschulen, die fanden es auch nicht gut, wenn Gemeinschaften auseinandergerissen wurden.
Aber in den Grundschulen verfolgen Sie auch noch ein anderes Ziel?
Ja, in unseren Chorprojekten geht es auch darum, die kölsche Sprache lebendig zu halten. Die UNESCO sammelt ja nicht nur sterbende Tiere und Pflanzen, sondern auch sterbende Sprachen, und Kölsch gehört leider dazu. Kölsch klingt für Kinder heutzutage verrückt, aber genau das mögen sie. Und es macht mir auch ungeheuren Spaß.
Das Gespräch führte Lydia Schneider-Benjamin.
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Tags: Bläck Fööss , Kölner Köpfe
Kategorien: Kultur , Unser Köln