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Hospizdienste – Am Lebensende gut begleitet

Diana Haß · 03.01.2023

Foto: Thomas Banneyer

Foto: Thomas Banneyer

Es ist eine schwierige Situation, wenn jemand lebensverkürzend erkrankt ist, besonders für den Betroffenen, aber auch für Angehörige. Kölner Palliativstationen und ambulante Hospizdienste unterstützen im letzten Lebensabschnitt.

Die Diagnose war ein Schlag: Der Brustkrebs hat gestreut. Die Medizin konnte Sabine Falkenberg (Name geändert) nicht mehr heilen, nur ihren Zustand lindern. Deswegen lebt die 56-Jährige nun im Hospiz St. Maria in Nippes.

Ihr Zimmer hat sie liebevoll mit persönlichen Dingen eingerichtet. Buntes Geschirr, hübsche Bettwäsche in leuchtendem Rot und Orange, ein farbenfroher Trockenblumenstrauß. Es gibt Fotos von Freunden und Familie, Karten mit Sprüchen. Auf einer heißt es: „Es ist schon wichtig, dass man gelegentlich völlig überreagiert.“ Dabei tut Sabine Falkenberg genau das meistens nicht. Überlegt sortiert und ordnet sie, was nach ihrem Tod wichtig sein könnte. „Es ist immer jemand zum Reden da. Das Hospiz entlastet mich und gibt mir Sicherheit. Und es entlastet auch meine Tochter“, sagt sie. Und das Wichtigste: Schmerzen muss sie – ebenso wie die anderen elf Gäste, wie sie hier genannt werden – nicht ertragen.

Gezielt gibt es im Hospiz starke Medikamente gegen Schmerzen, Luftnot oder Übelkeit. „Wir können die Krankheit nicht heilen, aber das Leben erleichtern und das Sterben auch“, sagt Margit Rosenstein, stellvertretende Pflegedienstleiterin. Sie steht hinter dem Prinzip der Hospizarbeit. „Es geht nicht darum, dem Leben mehr Tage zu geben, sondern den Tagen mehr Leben“, lautet es.


Sabine Falkenberg (Name geändert) in ihrem Zimmer. Foto: Thomas Banneyer

Eierlikörchen und Lieblingsessen

Die Wünsche der Gäste stehen an erster Stelle. „Eine Frau bekommt jeden Abend ein Gläschen Eierlikör. Die Küchendamen gehen auf besondere Wünsche ein. Letztens wollte ein Gast „Verlorene Eier“, erzählt Rosenstein. Der Personalschlüssel ist höher als im Krankenhaus, sodass mehr auf die individuellen Bedürfnisse eingegangen werden kann.

Die meisten Mitarbeitenden sind Pflegefachkräfte, eine Diplom-Pädagogin koordiniert die psychosoziale Begleitung. Wer möchte, kann seelsorgerische Gespräche führen. Ein Arzt kommt bei Bedarf. Und es gibt rund zwanzig Ehrenamtliche. Sie spielen, musizieren, bringen einen Hund mit, lesen vor, führen Gespräche oder rollen ein fahrendes Café in die Zimmer.

Vier Hospize mit insgesamt 36 Plätzen gibt es in Köln. Menschen aller Altersgruppen sind dort Gäste. Manche bleiben nur ein paar Tage, bis sie sterben, andere mehrere Monate. Doch Hospize sind längst nicht die einzigen Orte, wo todkranke Menschen ihre letzte Zeit verbringen können.

Fünf Palliativstationen im Kölner Stadtgebiet

Zunächst einmal sind da die Palliativstationen in fünf Kölner Kliniken: Uniklinik, Hildegardis Krankenhaus, St. Vinzenz, Krankenhaus Merheim und St. Elisabeth. Auf diesen Stationen wird alles getan, um belastende Symptome in den Griff zu bekommen. „Es wird dort die maximale Kraft eingesetzt, um die Lebensqualität zu verbessern. Der Ansatz ist ganzheitlich“, erläutert Professor Raymond Voltz. Er ist Direktor des Zentrums für Palliativmedizin an der Kölner Uniklinik und Vorsitzender des Kölner Palliativ- und Hospiznetzwerks.

Auf den Palliativstationen arbeiten multiprofessionelle Teams: Sie bestehen aus Medizinern, Pflegepersonal, Psychologen, Therapeuten, Seelsorgern und Ehrenamtlichen. In der „palliativen Phase“ einer Krankheit denke man „Plan A und Plan B gleichzeitig“, sagt Voltz. Das heißt, die Hoffnung, dass eine Therapie anschlägt, bleibt.

Aber es wird auch die Möglichkeit in Betracht gezogen, dass die Krankheit zum Tod führt. „Es ist die Aufgabe von Ärzten, bei einer lebensverkürzenden Krankheit auch auf die Möglichkeit des Sterbens hinzuweisen“, ist Voltz überzeugt. Seine Kritik: Viel zu oft werde das versäumt. „Weil die ehrliche Kommunikation fehlt, nimmt nur eine Minderheit die Angebote einer palliativen Betreuung rechtzeitig wahr“, bedauert er.

„Es geht nicht darum, dem Leben mehr Tage zu geben, sondern den Tagen mehr Leben.“

Margit Rosenstein, stellvertretende Pflegedienstleiterin

Ambulante Hospizdienste vermitteln Ehrenamtliche

Von einer Palliativstation werden Patienten entweder in ein Hospiz oder nach Hause entlassen. Auch in den eigenen vier Wänden gibt es Unterstützung. Die pflegerische Versorgung können ambulante Pflegedienste, bei denen sich Mitarbeitende in Palliativbetreuung weitergebildet haben, übernehmen. Zur Entlastung von Angehörigen und um den Patienten auf dem letzten Weg zu begleiten, gibt es ambulante Hospizdienste. Dort arbeiten Ehrenamtliche, die eine spezielle Fortbildung zur Begleitung am Lebensende absolviert haben. In Köln gibt es elf Hospizdienste. Sie haben sich die Stadtteile untereinander aufgeteilt.

Renate Hofer, Koordinatorin beim Hospiz- und Palliativnetz, berät am zentralen Telefon. „Die Ehrenamtlichen unterstützen ganz individuell. Es empfiehlt sich, schon einen Kontakt aufzubauen, wenn klar ist, dass die Grunderkrankung nicht mehr heilbar ist“, rät Hofer. Für Pflege und medizinische Betreuung sind die Hospizdienste nicht zuständig. Wer derart gravierende Symptome hat, dass eine tägliche ärztliche Betreuung notwendig wird, dem hilft die Spezialisierte Ambulante Palliativversorgung (SAPV). Interdisziplinäre Teams aus Fachärzten, Therapeuten und psychologischer und seelsorgerischer Betreuung kümmern sich um die Schwerkranken. Anbieter sind die Uniklinik und darüber hinaus das Palliativteam SAPV mit Standorten in Höhenberg, Porz, Bickendorf und Bergisch Gladbach. Jährlich versorgen SAPV-Teams weit über 1.000 Menschen in Köln.


Ruheräume stehen für Gespräche und Entspannung bereit. Foto: Thomas Banneyer

Unterstützung auch für Angehörige

„Das SAPV-Team ist Gold wert“, sagt Uli L. Seine Frau hat Zungenkrebs. Unheilbar. Seit annähernd einem Jahr kommen täglich Mitarbeitende des SAPV-Teams vorbei. Durch Morphin und andere starke Schmerzmittel kann sie weiter dort sein, wosie am liebsten ist: in einem Wohnwagen zusammen mit ihrem Mann und zwei großen Hunden.

Die Mitarbeitenden des Teams wechseln Katheter und Drainagen, versorgen Wunden, kontrollieren Schmerzen und Symptome und passen die Medikamente an. „Beruhigend ist, dass wir in einer Notsituation rund um die Uhr einen Arzt beim SAPV erreichen“, sagt der Ehemann und fügt hinzu: „Dass Dora immer noch lebt, ist fast ein Wunder.“ Doch eigentlich bestätigt es Studienergebnisse. „Wenn man sich mit einer palliativen Haltung Menschen zuwendet, hat das auch einen positiven Effekt auf die Lebenslänge“, sagt Voltz.

Gut aufgestellt: die Palliativ- und Hospizarbeit in Köln

„Wir sind in Köln sehr gut aufgestellt“, urteilt Voltz. Palliativ- und Hospizarbeit hat in der Stadt, in der 1983 in der Uniklinik die erste Palliativstation Deutschlands eröffnete, Tradition. Konsequenterweise entwickelt sich der Umgang mit dem Sterben in Köln weiter.

Vor einigen Jahren ist die „Caring Community“ gegründet worden. Sie bildet ein engagiertes und funktionierendes Netzwerk aus professionellen, wissenschaftlichen und ehrenamtlichen Akteuren. „Dies ist eine Aufgabe der öffentlichen Gesundheitsversorgung. Daher haben wir als Stadt die Caring Community Köln mitgegründet“, erklärt Dr. Harald Rau, Beigeordneter für Soziales, Gesundheit und Wohnen der Stadt Köln.

Er ist überzeugt: „Wir tun gut daran, unsere Kompetenz im Umgang mit Sterben und Tod auszuweiten und einen natürlichen Umgang mit dem Thema zu pflegen und weiterzugeben.“ Dr. Rau hält es für wichtig, den Tod als Teil des Lebens anzunehmen und Menschen das Sterben dort zu ermöglichen, wo sie sich wohl fühlen. Das sind oft die eigenen vier Wände.


Mit liebevollen Details hat sie ihr Zimmer eingerichtet. Foto: Thomas Banneyer

Den Wunsch, zuhause zu sterben, haben laut der „Last-Year-of-Life“-Studie von Professor Voltz die meisten schwerkranken Menschen in Köln. Tatsächlich aber verstirbt etwa die Hälfte von ihnen im Krankenhaus. Auch Sabine Falkenberg wäre anfangs lieber zuhause geblieben. „Weil ich alleine lebe, käme ich dort aber nicht zurecht“, begründet sie ihre Entscheidung für ein Hospiz. Ein Blick in ihr Zimmer zeigt, dass sie sich auch dort ein heimeliges Zuhause geschaffen hat.

Stärkung im Umgang mit Sterben, Tod und Trauer


Oberbürgermeisterin Henriette Reker. Foto: Jens Koch

Sehr geehrte Lesende,

Unheilbar Kranken Leid zu ersparen und ihnen ein selbstbestimmtes Leben zu ermöglichen: Darum – so könnte man es zusammenfassen – geht es in der Palliativmedizin. Die Stadt Köln übernimmt hier eine Vorreiterrolle. Denn am 7. April 1983 nahm Deutschlands erste Palliativstation an der Kölner Uniklinik ihre Arbeit auf. Seitdem ist viel passiert: In der Domstadt haben sich schnell ambulante und stationäre Hospiz- und Palliativstrukturen entwickelt, sodass es für die Versorgung von Menschen mit schweren Erkrankungen in ihrer letzten Lebensphase und in der Betreuung von sterbenden Menschen mittlerweile ein großes und hochqualifiziertes Unterstützungsangebot gibt.

Ein Großteil der Einrichtungen und Dienste sind in das „Palliativ- und Hospiznetzwerk Köln e. V.“ eingebunden. Das ist wichtig, denn nur durch diese Vernetzung ist gewährleistet, dass die Beteiligten sich berufsübergreifend austauschen und ihre so wichtige Arbeit immer weiter verbessern und weiterentwickeln können. Die „Caring Community Köln“ ist eine Initiative des Palliativ- und Hospiznetzwerkes Köln und des Gesundheitsamts der Stadt Köln. Finanziell gefördert wird diese durch die Imhoff-Stiftung und die Familie-Ernst-Wendt-Stiftung.

Zentrales Thema dieser Initiative ist der Umgang mit Schwerstkranken, Sterbenden, aber auch den Menschen, die sich um sie kümmern und die um sie trauern. „Caring Community Köln“ möchte die Kölner*innen im Umgang mit Sterben, Tod und Trauer stärken. Denn wir leben in einer Zeit, in der die Menschen gerne die Augen vor der eigenen Endlichkeit verschließen. „Es geht nicht darum, dem Leben mehr Tage zu geben, sondern den Tagen mehr Leben“, soll die Ärztin Cicely Saunders, die als Begründerin der Palliativmedizin gilt, gesagt haben. Ein guter und kompetenter Umgang mit Schwerstkranken und Sterbenden kann dazu einen entscheidenden Beitrag liefern.

Unterschritft Henriette Reker

Henriette Reker Oberbürgermeisterin der Stadt Köln

Alle Adressen und Informationen bei
Palliativ- und Hospiznetzwerk Köln e. V.
c/o Zentrum für Palliativmedizin der Uniklinik Köln,
Kerpener Str. 62,
Beratungstelefon: 0170 / 222 98 80
www.palliativnetz-koeln.de

Hospiz und Palliativ Arbeitsgemeinschaft Köln HAK e. V.
Martin-Luther-Platz 2,
Tel. 0221 / 271 73 82
www.hak-online.de

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Tags: Hospiz in Köln , Sterben, Tod und Trauer

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