Leben in Köln
Gans lecker
Monika Lüpschen · 29.10.2019

Foto: fotolia / karepa
„Jede Gans hat ihren Martinstag“, lautet ein Spruch – will sagen: ein Gänseleben geht zu Ende. Tausende Gänseküken werden Jahr für Jahr einzig und allein zu dem Zweck herangezogen, ab November – rechtzeitig zu Sankt Martin – als stattliche Gänse gebraten auf den Tellern der Verbraucher zu landen. Bis Weihnachten dauert die Gänsesaison.
Doch immer mehr Gänsebratenfans kümmert es, wie das Tier auf dem Teller aufgewachsen ist. Denn da gibt es gewaltige Unterschiede: zum einen die „glückliche“ Gans, die artgerecht mit Auslauf im Freien über sechs bis sieben Monate aufwachsen durfte. Auf der anderen Seite die Mastgans, die intensiv gefüttert auf engstem Raum innerhalb von drei Monaten „fertig“ werden musste. Das spiegelt sich auch im Preis wider: Ab 5 Euro pro Kilo ist eine tiefgefrorene Gans aus Ungarn oder Polen im Supermarkt zu haben. Dagegen kosten frisch geschlachtete Gänse von Höfen der Region und aus artgerechter Haltung zwischen 10 und 16 Euro pro Kilo.
Anfang des Jahres hat Ulrich Hoffmann den Hofladen des Neu Subbelrather Hofs in Widdersdorf übernommen, zu dem Weizenfelder und große Weiden gehören. Verkauft werden Wild, Obst und Gemüse und zur Saison auch Gänse. Wie bei seinen Vorgängern läuft die Aufzucht der Gänse nebenher. „Insofern sind wir unter den Gänsehaltern atypisch“, sagt Hoffmann. „Wir halten die Gänse auf die ursprünglichste Art.“ Also artgerecht: Die Tiere können frei auf den Weiden laufen und grasen, sie haben Wasserstellen und erhalten neben Weizen und Mais vieles, was sie lieben und was im Hofladen abfällt: Salatblätter, Gemüse, Äpfel, Beeren und Kürbisse. Das gesamte Gänseleben verbringen sie hier, bei der hofeigenen Schlachtung wiegen sie dann zwischen fünfeinhalb und sechs Kilogramm.
Qualität sieht man
Was Qualität ist, sieht man dann im Hofladen. Und auch im Wild- und Geflügelgeschäft auf der Severinstraße, das Diana und Mark Erhardt leiten. „Sehen Sie“, sagt Diana Erhardt und weist auf den stattlichen Gänsekörper, „das Fleisch ist gelblich und sieht einbisschen aus wie Marzipan. Das hängt mit dem Mais zusammen, der ins Futter gegeben wird. Außerdem: Das Fleisch ist aromatisch, fester und weniger fett, weil die Tiere laufen können. Selbst ungewürzt schmeckt es nach Gänsefleisch.
“Solche Gänse aus artgerechter Aufzucht und Haltung sind zudem an gesetzlich geschützten Kennzeichen wie „Freilandhaltung“, „bäuerliche Freilandhaltung“oder „ökologische Tierhaltung“ erkennbar. Ungeschützte Angaben wie „vom Bauernhof“ oder „Landgans“ geben hingegen keinen Aufschluss über die Aufzucht. Dreimal „D“ auf der Ware kennzeichnet deutsche Herkunft.
Deutlich ist der Unterschied zur schnell mit Hafer gemästeten ungarischen oder polnischen Gans auch für den Laien erkennbar: Sie ist fetter und hat fast weißes Fleisch. Der eher schwache Geschmack rührt von der industriemäßigen Aufzucht her, die so gesteuert werden kann, dass die Gans grammgenau schlachtreif wird.
Zudem werden diese Gänse manchmal auf ziemlich brutale Art ihr Federkleid los: Man rupft ihnen bei lebendigem Leibe die Federn aus. Nicht so auf dem Hof in Widdersdorf, wo jeweils vier bis fünf Tiere von der Weide geholt und unbemerkt von den Artgenossenmit einem Bolzenschuss betäubt werden. Erst dann werden sie geköpft, von Hand gerupft und verarbeitet.
Wie es lecker wird
Achim Rempe, seines Zeichens Koch, empfiehlt für den optimalen Gänsebraten: etwa 40 Minuten Bratzeit pro Kilo bei 180 bis 200 Grad im Backofen, bei niedrigerer Brattemperatur entsprechend länger. Mit dieser Methode bleibt das Fleisch besonders zart und saftig. Nachhelfen kann man, indem man den Braten immer wieder mit dem austretenden Bratensaft begießt. Außerdem wird auf diese Weise die Haut schön knusprig. Dafür kann man sie vor Ende der Bratzeit zusätzlich mit Salzwasser bepinseln. Und wie merkt man, dass der Gänsebraten gar ist? „Einfach mit einer Gabel oder einem Spieß in den Oberschenkel stechen“, sagt Rempe. „Wenn der Saft klar ist und das Fleisch weich, ist das Werk vollbracht. “Ob man beim Essen noch merken kann, wie die Gans gehalten wurde? Kenntnisreich zubereitet und gebraten ließen sich gewisse Unterschiede ausgleichen, sagt der Koch. So könne der Biss in die Keule einer Mastgans als genauso genussvoll empfunden werden wie der Biss in die Keule einer Biogans.
Lesen Sie weiter: Gans lecker probiert - unsere Favoriten in Köln
Tags: Kochtipps , Martinsgans
Kategorien: Leben in Köln