A- A A+

Leben in Köln

Die Kölner Filmerbe Stiftung und der Wettlauf gegen die Zeit

Tim Farin · 13.01.2023

Heinz Born 1952 vor der Hohenzollernbrücke, deren Wiederaufbau gerade begonnen hatte. Foto: Kölner Filmerbe Stiftung und Kölnprogramm / Wilhelm Born

Heinz Born 1952 vor der Hohenzollernbrücke, deren Wiederaufbau gerade begonnen hatte. Foto: Kölner Filmerbe Stiftung und Kölnprogramm / Wilhelm Born

In vielen Familien wurden einst Erinnerungen mit Filmkameras festgehalten. Bedeutende Zeitdokumente, um deren Erhalt sich die Kölner Filmerbe Stiftung kümmert. Lesen Sie hier, warum Sie Ihre alten Filme nicht wegwerfen sollten – sie sind von unschätzbarem Wert.

Der kleine Junge steht in gestrickter Kleidung an einer Reling, hinter ihm der Rhein und Brücken im Wiederaufbau. Der Junge ist blond, der Rhein grünlich und der Rost auf der Brüstung gut zu erkennen. Es ist eine Farbaufnahme aus einer Zeit, an die viele höchstens graue oder verblasste Erinnerungen haben.

Kölner Geschichte digitalisiert

Zahlreiche Bilder dieser Art wurden vor Jahrzehnten mit handlichen Filmkameras eingesammelt. Heute lagern solche persönlichen Erinnerungsstücke als digitalisierte und der Nachwelt erhaltene Aufnahmen in einem Büro in Bickendorf. Filmemacher und Journalist Hermann Rheindorf und sein Team sammeln, sichten und sichern für die Kölner Filmerbe Stiftung bewegte Bilder aus der Geschichte der Stadt.

Im vergangenen Sommer stellte sich die gemeinnützige Organisation bei einem Kinoabend im Kölner Rheinauhafen der Öffentlichkeit vor. „Unser Ziel ist es, besonders das Filmerbe der Hobby- und Amateurfilmer vor dem drohenden Verlust zu retten“, erzählt Rheindorf, der seit mehr als zwei Jahrzehnten Filmmaterial aus Köln und dem Umland sammelt und bereits mehr als zwanzig filmische Dokumentationen über vergangene Zeiten in der Stadt und Region herausbrachte.

Filmschätze von historischem Wert

Die Filmerbe Stiftung befindet sich in einem Wettlauf gegen die Zeit. Wenn Wohnungen, Keller und Lagerräume entrümpelt werden, erkennen nur wenige den möglichen Wert der Hinterlassenschaften für die lebendige Darstellung von Heimatgeschichte und das kollektive Erinnern an das Leben, wie es in Köln einmal war. „Alte Filmrollen sind oft das Erste, was entsorgt wird“, sagt Rheindorf. Denn inzwischen fehlen den meisten Menschen die Geräte, um die Filme abzuspielen.


Eine eigene Filmkamera: damals noch ein Grund zum Staunen. Foto: Kölner Filmerbe Stiftung und Kölnprogramm / Hermann Nick

Vielen scheint zudem solches Material aus der Vergangenheit unwichtig zu sein. Da ist Rheindorf völlig anderer Ansicht. „Oft wird die Bedeutung dieser Filme für die städtische Geschichtsschreibung unterschätzt“, erklärt er. Er weiß, warum: „Es waren fast ausschließlich Privatleute, die in den alten Zeiten außerhalb der Kölner Innenstadt gefilmt haben.“ Diese alten Filmaufnahmen geben einen Eindruck des täglichen Lebens jenseits der offiziellen Bilder wider.

Wie sah es zum Beispiel in den Sechzigern, Siebzigern, Achtzigern in Bickendorf aus? Was erlebten die Menschen im Alltag, an hohen Feiertagen oder an Karneval? „Genau das soll für nachfolgende Generationen nachvollziehbar bleiben“, meint er.

Sammeln und Digitalisieren für die Zukunft

Gegründet wurde die Organisation 2019 von der Kölner Psychologin und Dozentin Georgia Friedrich, die 2020 im Alter von 76 Jahren verstarb. Kurz davor war ihre Stiftung als gemeinnützig anerkannt worden. Friedrich hatte jahrzehntelang selbst mit Kameras gearbeitet, das Leben in Köln und an ihren vielen Aufenthaltsorten im Ausland eingefangen und aus diesem Geist die Stiftung als eine Art Geschenk an die Stadt eingerichtet.

In der Organisation kommen Gleichgesinnte zusammen. So ist Dr. Renate Beckmann Mitglied im Kuratorium – Tochter aus der Textilfamilie Brügel- mann, die eines der umfangreichsten privaten Filmarchive in Köln besitzt. Die Stiftung sammelt nicht nur, sie digitalisiert das Filmmaterial für die Zukunft. Die Daten lagern sicher und sind zugleich nutzbar für neue Filmprojekte.

Sie macht die bewegten Erinnerungen aber auch zugänglich für alle und rückt sie damit wieder ins Bewusstsein: Alle Schulen sowie sämtliche Einrichtungen der Seniorenhilfe in Köln und Umgebung erhalten kostenlosen Zugang zur Filmbibliothek „Köln-Geschichte im Film“. Bis jetzt haben bereits über vierzig Einrichtungen mit mehr als 5.000 Bewohnern das Angebot angenommen – und täglich werden es mehr. Auch sie wollen einen Blick zurückwerfen auf die lebhaften Aufnahmen und noch mehr sehen als den kleinen Jungen, dessen blondes Haar vor den teilweise noch zerstörten Rheinbrücken in der Sonne glänzt.


Viele Filme können Sie im Internet ansehen. Filmschatzarchiv / YouTube

Sie haben alte Filmaufnahmen aus Köln?

Die Kölner Filmerbe Stiftung freut sich über persönliche Filmaufnahmen aus Köln und über Spenden, weil die Kosten für die technische Bearbeitung und das Lagern der Filme hoch sind.

Kölner Filmerbe Stiftung
Am Rosengarten 60,
Tel. 0221 / 912 69 26,
E-Mail: kontakt@koelnerfilmerbestiftung.de
www.koelnerfilmerbestiftung.de/

Mehr Infos und mehr historische Filme aus Köln: www.youtube.com/@filmschatzarchiv

Mehr über Kölner Stadtgeschichte? Das könnte Sie auch interessieren:

Hermann Rheindorf – Der urbane Heimatfilmer
Deutsches Tanzarchiv Köln
Schon gewusst, dass auf dem Heumarkt jahrelang eine „Pädsfott“ als Denkmal stand?

Tags: Köln vor und nach dem Krieg , Kölner Stadtgeschichte

Kategorien: Leben in Köln