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Biomüll: Gut für den Kreislauf

Philipp Haaser · 17.11.2021

Kleingärtner wie Günter Hösch wissen, was dem Garten guttut. Sie kaufen Kompost beim Erzeuger. Foto: Bettina Bormann

Kleingärtner wie Günter Hösch wissen, was dem Garten guttut. Sie kaufen Kompost beim Erzeuger. Foto: Bettina Bormann

Wer in Köln Bioabfälle trennt, hilft nicht nur das Klima zu schützen, sondern auch fruchtbare Böden im Umland zu erhalten. Lesen Sie, was in die braune Tonne gehört und was nicht.

Die ersten Biomülltonnen in Deutschland waren weiße Plastikeimer. Studenten im hessischen Witzenhausen hatten sie an 500 Haushalte ausgegeben, die die Eimer fleißig nutzten. An eine „grüne Euphorie“, die den Ort erfasste, erinnerte sich einer der Beteiligten später in einem Zeitungsbericht. Das war im Frühjahr 1983. Inzwischen bieten alle Kommunen in Deutschland Biomülltonnen an. Denn was in ihnen landet, sind nur auf den ersten Blick Abfälle.

Braune Tonnen für den Umweltschutz


Die braunen Mülltonnen kann man kostenfrei bei den städtischen Abfallwirtschaftsbetrieben (AWB) bestellen.
Foto: AWB

Organische Reste sind wertvolle Nährstoff- und Energielieferanten, die gleich mehrfach verwertet werden können. „Der aus den Bioabfällen gewonnene Kompost kommt der Landwirtschaft zugute. Wir gewinnen aus ihnen außerdem Biogas, das Köln mit umweltfreundlicher Energie versorgt. Dies geht aber nur, wenn sie nicht im Restabfall landen“, sagt Thomas Kreitsch, geschäftsführender Betriebsleiter der städtischen Abfallwirtschaftsbetriebe (AWB).

Die Kölner sammelten in den vergangenen Jahren jeweils um die 40.000 Tonnen Essensreste, Küchenabfälle, Laub und Grasschnitt. Die braunen Tonnen dafür stellen die AWB zur Verfügung und dort verfolgt man ein ehrgeiziges Ziel. Bis 2027 soll die Menge um weitere 8.000 Tonnen wachsen. So sieht es das vom Rat beschlossene Konzept für die städtischen Betriebe vor.

Zwar liegt der Anteil der Grundstücke, auf denen braune Tonnen stehen, mittlerweile bei knapp 60 Prozent. Doch gerade in den dichter besiedelten Stadtteilen ist noch Luft nach oben. In der Altstadt sammeln weniger als 10 Prozent der Hausgemeinschaften ihre Bioabfälle getrennt.

Kompost: nicht nur Gärtner profitieren

In den Vororten fällt sicherlich mehr Grünschnitt an. Und wer gärtnert, weiß den Kompost zu schätzen, der aus dem Biomüll entsteht. Doch wer glaubt, dass nur Gartenbesitzer profitieren, der irrt. „Es ist sinnvoll, hochwertigen Kompost herzustellen“, sagt Tim Hermann, wissenschaftlicher Mitarbeiter im Umweltbundesamt, mit Blick auf das große Ganze. Er schätzt, dass etwa ein Drittel des Restmülls durch die Biotonnen eingespart werden kann.

Dass weniger Abfall verbrannt wird, sei aber nur ein Nebenaspekt. Es gehe vor allem um Kreisläufe. Sie sollen, so auch das Ziel von Politik und Verwaltung in Köln, so klein wie möglich ausfallen, um wertvolle natürliche Ressourcen zu schonen und das Klima zu schützen. Wie das funktioniert, erschließt sich, wenn man sich anschaut, wo die Kölner Bioabfälle landen: auf dem Gelände der städtischen Abfallentsorgungs- und Verwertungsgesellschaft (AVG) in Niehl. Die Betreiberin der Restmüllverbrennungsanlage produziert seit 1995 auch Kompost.


Grobe Abfälle werden mit Walzen zerkleinert.
Foto: AVG Köln


In riesigen Rottehallen übernehmen Bakterien die Arbeit.
Foto: AVG Köln

Müll sortieren Menschen und Maschinen

Das angelieferte Material wird per Laufband durch die Hallen transportiert und gesiebt. Magneten entfernen Metalle. Mitarbeiter der AVG fischen anschließend Plastik heraus. Eine Lüftungsanlage über ihren Köpfen führt beständig Frischluft zu und hält den intensiven Geruch im Zaum. Küchenabfälle, geschredderter Grünschnitt und Gewerbeabfälle wie pflanzliche Fette aus Großküchen werden im nächsten Schritt gemischt, um optimale Bedingungen für die Verrottung zu schaffen.

In der sogenannten Rottehalle übernehmen nun Bakterien und andere Kleinstlebewesen die eigentliche Arbeit, wie auf Bauernhöfen in locker aufgeschichteten, großen Haufen, den Mieten, die im Inneren bis zu 70 Grad heiß werden können. Am Boden saugen Schlitze Luft an, die gleichmäßig durch das organische Material strömt, und zwei große Maschinen pflügen es automatisch durch. Was in der Natur mehrere Jahre dauern kann, wird so effizient beschleunigt.

Nach drei bis acht Wochen ist aus dem Biomüll Kompost geworden, der sich auch geruchlich gewandelt hat. „Das wird am Ende ein erdiger Geruch. Es riecht fast ein wenig nach Wald“, sagt Tilo Dumuscheit, Sprecher der AVG. Der Kompost kann für unterschiedliche Zwecke eingesetzt werden, im Gartenbau, in der Landwirtschaft, für die Rekultivierung von Brachflächen oder auf dem heimischen Balkon.


Fertiger Kompost hat seine Farbe geändert und riecht erdig.
Foto: AVG Köln

Biogas – Energie im Küchenabfall

Insbesondere in den Küchenabfällen, die in jedem Haushalt anfallen, steckt aber noch mehr. Zucker und Kohlenhydrate, so Experte Tim Hermann, seien wichtige Energielieferanten. Seit 2020 gewinnt die AVG aus einem Teil des in Köln und anderen Gemeinden eingesammelten Biomülls deshalb Methan. Pro Jahr landen rund 20.000 Tonnen zunächst in einer Vergärungsanlage.

In einem sogenannten Fermenter wird die mit Wasser vermengte Masse auf  55 Grad erwärmt und konstant gerührt. Spezielle Mikroorganismen produzieren darin das Biogas, das bis zu 60 Prozent energiereiches Methan enthält. Zu „Stadtgasqualität“ aufbereitet wird es direkt in das Netz der RheinEnergie eingespeist. Das, was am Ende übrigbleibt, landet nebenan in der Rottehalle.

Die Trennung des Biomülls hilft damit gleich zweifach, Klima und Umwelt zu schützen. Allein das Biogas erspart der Atmosphäre die klima- schädliche Wirkung von rund 4.000 Tonnen CO2.

Das darf in die Biotonne:

  • alle organischen Küchenabfälle, auch Teebeutel, Kaffeefilter, Eierschalen
  • alle Abfälle gekochter Speisen inklusive Fleisch, Fisch, Gräten, Öle und Fette – auch eingewickelt in Küchen- oder Zeitungspapier (aber sparsam verwenden).
  • alle Garten- und Grünabfälle und verbrauchte Erde, Sägespäne von un- behandeltem Holz.

Nicht in den Biomüll gehört:

  • nicht organische Stoffe wie Kunststoff, Glas und Metall, Schadstoffe wie Kaminasche oder Zigarettenkippen
  • infektiöse Abfälle wie Fäkalien, Hundekot, Katzen- oder Kleintierstreu.
  • Draußen bleiben müssen auch biologisch abbaubare Werkstoffe wie Einweggeschirr oder im Handel erhältliche kompostierbare Beutel. Sie sind zwar biologisch abbaubar, ihr Kompostierungsprozess dauert aber zu lang.

Sortieren lohnt sich

Je mehr Haushalte die braune Tonne nutzen, desto mehr CO2 kann eingespart werden. Dafür ist Überzeugungsarbeit notwendig. Denn viele Menschen haben Vorbehalte, weiß man bei der AWB. Ungeziefer, unangenehme Gerüche, fehlender Platz im Hinterhof und möglicher Missbrauch der Tonnen gehören dazu. Mit einfachen Mitteln lassen sich diese Probleme aber in den Griff bekommen. Und eine möglichst konsequente Trennung hilft, hochwertigen Kompost zu erzeugen.

Um den Abnehmern hohe Qualität zu garantieren, wird der Kölner Kompost, den die AVG verkauft, regelmäßig kontrolliert und zertifiziert. Einer, der sich auf die Qualität verlässt, ist Landwirt Josef Schröder vom Heinenhof, einem mittelgroßen Betrieb zwischen Pulheim und Köln. Nach der Ernte lässt er den Kompost aus Niehl auf seinen Hof liefern, etwas mehr als tausend Tonnen im Jahr.

Pro Quadratmeter arbeitet er rund zwei Kilogramm in seine Böden ein und sorgt so dafür, dass die Humusschicht langfristig erhalten bleibt. „Das ist ganz wichtig, sonst ist der Boden irgendwann tot“, sagt er. Der Kompost liefert Mineralien und bietet jenen Tieren optimale Voraussetzungen, die mit ihren Aktivitäten für lockeres und fruchtbares Erdreich sorgen.

Auch einen Teil des mineralischen Düngers kann Schröder so ersetzen. Bestandteile wie Phosphor sind endliche Ressourcen, die beispielsweise in Marokko abgebaut werden müssen. Andere wie Stickstoff müssen mit viel Energie in chemischen Prozessen gewonnen werden. „Dieser enge Kreislauf ist letztlich gut für die ganze Gesellschaft“, sagt der Landwirt und blickt dabei auf die noch sehr junge vierte Generation auf seinem Hof.

Kompost kaufen

bei der AVG: 4,50 Euro/40-Liter-Sack.
Mo–Fr 7–17 Uhr, Sa 7–12.30 Uhr
Standort Heumar: Wikingerstr. 100
Standort Niehl: Geestemünder Str. 20

Bestellung der kostenlosen Biotonne bei den AWB nur schriftlich:

Maarweg 271
50825 Köln
oder auftrag@awbkoeln.de.
www.awb.koeln

Tipps zum geruchsarmen und hygienischen Umgang mit der Biotonne: www.awb.koeln und www.swr.de/swr1/ rp/biotonne-hitze-100.html.

Die AWB holen im Frühjahr und Herbst bis zu drei Kubikmeter Gartenabfälle zu festen Terminen kostenlos ab.
Termin vereinbaren unter 0221 / 922 22 24.

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Tags: Mülltrennung

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