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Ratgeber

Selbstständig wohnen im Alter – mit ServiceWohnen in Köln

Lisa von Prondzinski · 10.04.2024

Karl-Leo Dohr lebt selbstständig in seiner kleinen Kölner Service-Wohnung. Foto: Marius Becker

Karl-Leo Dohr lebt selbstständig in seiner kleinen Kölner Service-Wohnung. Foto: Marius Becker

Selbstständig wohnen, aber gleichzeitig versorgt sein: Wohnen mit Service ist eine schöne Idee, um gut alt zu werden. Hausmeister, Mittagstisch, Pflegedienst – alles ist möglich.

Karl-Leo Dohr, 85, fühlt sich rundum wohl. „Ich war glücklich, als ich diese Wohnung bekam – und noch glücklicher, als ich eingezogen bin“, schwärmt er. Seit 2021 lebt der Witwer in der Einzimmerwohnung mit separater Küche und Balkon im Neu-Ehrenfelder Theo-Burauen-Haus, dem Seniorenzentrum der Arbeiterwohlfahrt (AWO). „Natürlich ist alles barrierefrei.“ Die Küche hat er übernommen, Sofa, Kommode, Wohnzimmertisch und Bett aus seiner alten Wohnung mitgebracht. Die lag im dritten Stock – ohne Aufzug. Heute undenkbar nach seiner Knieoperation.

Was ist Service-Wohnen?

Der Rentner lebt im sogenannten Service-Wohnen. Im Theo-Burauen-Haus ist das ein Wohnblock mit 53 Ein- und Zweizimmerwohnungen, direkt gegenüber dem Pflegeheim. Beide Gebäude haben einen gemeinsamen Garten, ein Café und ein Hausrestaurant. Und es gibt, wie der Begriff schon sagt, einigen Service, der ist inklusive. Standard ist ein 24-Stunden-Hausnotruf. Auch die Reinigung von Treppenhaus und Flur sowie kleinere Hausmeisterdienste, wie etwa das Auswechseln einer kaputten Glühbirne, sind häufig im verpflichtenden Servicevertrag enthalten.

Und normalerweise stehen den Mietern Ansprechpartner zur Verfügung, die zum Beispiel bei alltäglichen Dingen wie bürokratischen Fragen oder bei der Suche nach einem geeigneten Arzt helfen. Auch gemeinsame Freizeitaktivitäten mit den „Service-Nachbarn“ werden angeboten: Wer also möchte, kann beispielsweise an Konzerten, Lesungen, Ausflügen und Fitnesskursen teilnehmen.

Der Begriff Service-Wohnen ist kaum bekannt, das Wohnkonzept bei älteren Menschen aber sehr beliebt. Viele nennen es auch „Betreutes Wohnen“. Ganz richtig ist das jedoch nicht. Denn beim Betreuten Wohnen gibt es eine Rundum-Betreuung für kranke oder schwer pflegebedürftige Menschen jeden Alters mit einem Pflegegrad, meist in einer Wohneinheit eines Pflegeheimes. Service-Wohnen in einer Eigentums- oder Mietwohnung eignet sich dagegen für weitgehend gesunde Menschen ab sechzig Jahren, ein Pflegegrad ist nicht Voraussetzung. Erst bei Pflegebedürftigkeit können auch hier alle Dienste der Einrichtung eingesetzt werden. Diese sind nicht weit, ist ein Pflegeheim angeschlossen. Dort bekommt man manchmal sogar bevorzugt einen Platz.


Karl­Leo Dohr an der Tür zu seiner Service­Wohnung. Foto: Marius Becker

Was ist fix, was kostet extra?

Das Angebot an Service-Wohnungen in Köln ist groß. Weder für die Ausstattung der Wohnung noch für den Umfang der Betreuung und Beratung gibt es verbindliche Standards. Deshalb unterscheiden sich die Kosten je nach Anbieter, Wohnungsgröße und Leistungsumfang. Von dem kleinen, einfachen Appartement bis zur großen Wohnung mit Hotelcharakter, Kegelbahn und Sauna ist alles auf dem Markt.

Entsprechend unterschiedlich sind auch die Preise. Als Faustregel gilt: Die Kaltmiete liegt etwa 10 Prozent über dem örtlichen Mietspiegel, was mit der Barrierefreiheit der Wohnung zusammenhängt. Hinzu kommen Nebenkosten wie Strom, Wasser, Heizung, Kabelfernsehen und Müllabfuhr. Für Menschen mit schmalerem Geldbeutel wie Bezieher von Grundsicherung gibt es aber auch günstigere, geförderte Wohnungen, zum Beispiel bei den Sozial-Betrieben- Köln (SBK) in Riehl. Für die meisten dort ist ein Wohnberechtigungsschein erforderlich.

Vor dem Einzug in eine „Service-Wohnung“ schließt man neben dem Mietvertrag mit dem Anbieter – oft ein Seniorenzentrum, ein Wohnstift oder eine Residenz – in der Regel auch einen Service- und Betreuungsvertrag ab. Darin sind bestimmte Grundleistungen festgelegt – unabhängig davon, ob sie in Anspruch genommen werden oder nicht.

 

„Bei uns gibt es sozusagen alles aus einer Hand. Wir kümmern uns um die Menschen, wenn sie es wollen.“

Elisabeth Römisch, Fachbereichsleiterin für Pflege und ergänzende Serviceleistungen, AWO-Kreisverband

Reinigungs- und Einkaufsservice

Mit monatlichen Kosten zwischen 75 und 180 Euro muss jeder Mieter rechnen, je nachdem wie umfangreich das Leistungsangebot eines Anbieters ist. Über die festen Serviceleistungen hinaus können die Mieter zusätzlichen Service für sich zukaufen und jederzeit wieder kündigen: zum Beispiel Wohnungsreinigung, Einkaufsservice, Begleitung zu Ärzten und Behörden oder Mahlzeiten. Karl-Leo Dohr zum Beispiel hat das Mittagessen im Hausrestaurant dazugebucht, „weil ich nicht gerne für mich allein koche“.


Essen in Gesellschaft. Foto: Marius Becker

Ideal ist das Service-Wohnen für Alleinstehende oder Paare, die sich mehr Sicherheit wünschen und Wert auf Gemeinschaft legen. „Man trifft sich am Briefkasten, sieht sich im Garten oder sitzt mittags zusammen am Tisch im Restaurant“, erzählt eine 81-jährige Nachbarin von Dohr. Dabei lerne man automatisch neue Leute kennen. „Uns fehlt es hier an nichts“, fügt sie hinzu.

Und die Freizeitangebote für die Mieter bringen Abwechslung und Struktur, die sehr wichtig ist: „Struktur im Alltag ist etwas, das sich positiv auf die Gesundheit auswirkt. Sie hält länger fit“, sagt Elisabeth Römisch, Fachbereichsleiterin für Pflege und ergänzende Serviceleistungen beim AWO-Kreisverband. Struktur helfe dabei, sich zu motivieren, zum Beispiel bei Sportkursen mitzumachen. Oder an Konzerten, Ausflügen und Gedächtnistraining. Solche gemein- samen Aktivitäten würden zur Lebensfreude bei- tragen.

Umzug frühzeitig planen

Wer sich fürs Service-Wohnen entscheidet, sollte frühzeitig planen, denn die Wartezeiten sind meist lang. Zwei Jahre sind keine Seltenheit „Und das ist schnell“, sagt Römisch. „Es gibt noch viel längere Wartezeiten.“ Bei der Suche nach etwas Passendem ist es ratsam, sich genau zu überlegen, welche Hilfe man braucht. Vielleicht macht man sich eine Checkliste. Was erwarte ich von der Einrichtung? Wie viel und welchen Service brauche ich überhaupt? Aber auch Fragen wie: Sind Einkaufsmöglichkeiten und Arztpraxen in der Nähe? Wie weit ist es zur Bushaltestelle?

Es ist sinnvoll, sich mehrere Einrichtungen anzusehen. Am besten nimmt man zu den Informationsterminen eine Vertrauensperson mit. Dann kann man sich später über die Eindrücke austauschen.

Römisch rät, mit einer ins Auge gefassten Einrichtung in Kontakt zu bleiben. Im Klartext: „Immer wieder zum Mittagstisch, zu Gesprächskreisen und Festen kommen, um zu spüren, ob mir die Atmosphäre gefällt. Das ist das Wichtigste: dass man sich wohlfühlt.“ Nur selten kann man in einer Einrichtung zur Probe wohnen. Im Seniorenpark Rosenheim in Zollstock ist das möglich. Dort können Interessierte einen Monat lang in einem möblierten Gästezimmer wohnen und an allen Angeboten des Hauses teilnehmen.

Ambulanter Pflegedienst

Witwer Karl-Leo Dohr hatte es etwas einfacher: Seine damals noch lebende Frau war im Pflegeheim des Theo-Burauen-Hauses untergebracht, er besuchte sie täglich. Mit Rücksicht darauf bekam er schneller eine Zusage für seine Service-Wohnung. „Alles wurde einfacher. Ich konnte jetzt die paar Schritte zum anderen Haus rübergehen“, erinnert er sich. Sollte er selbst einmal gesundheitlich abbauen, weiß er sich in guten Händen. Denn das Seniorenzentrum verfügt über einen eigenen ambulanten Pflegedienst. „Bei uns gibt es sozusagen alles aus einer Hand. Wir kümmern uns um die Menschen, wenn sie es wollen“, sagt Römisch. „Man kennt sich, die Mitarbeiter sind einem vertraut, das gibt große Sicherheit.“

Aber natürlich können die Mieter auch einen externen Dienst beauftragen. In Einrichtungen ohne ambulanten Pflegedienst ist das ohnehin der Fall. Dann helfen die Servicekräfte bei der Suche und Organisation. Das gilt auch, wenn ein Umzug in die stationäre Pflege notwendig werden sollte. Dohr geht es mit seinen 85 Jahren gesundheitlich gut – bis auf das operierte Knie, das noch Beschwerden macht. Auch seine beiden Söhne wissen, dass er sich im Service-Wohnen absolut wohlfühlt. Und dann ist da noch etwas, das ihn bereichert. „Meine Frau und ich haben uns gesagt, wenn einer von uns geht, müssen wir nicht allein bleiben.“ Was für ein Glück, dass der Witwer eine neue Partnerin gefunden hat. Und die wohnt auch noch im selben Haus wie er. Für ihn unbezahlbar.

Ob ein Haustier mit einziehen darf, wird vorher geklärt. Wenn der Hund nicht zu laut ist und sichergestellt, dass sich im Notfall jemand anderes als der Besitzer um das Tier kümmert, spricht meist nichts dagegen.

Wer in Köln bietet Service­Wohnen?

Einige Anbieteradressen

Arbeiterwohlfahrt (AWO)
Info: 0221 / 57 33-201, Elisabeth Römisch
Arnold-Overzier-Haus (Südstadt),
Theo-Burauen-Haus (Ehrenfeld) und
Weidenhof-Residenz (Weiden)
www.awo-koeln.de/pflege/service-wohnen

Sozial-Betriebe-Köln (SBK)
Häuser in Dellbrück,
Info: 0221 / 77 75-24 19, Birgit Voosen
Riehl, Info: 0221 / 77 75-20 05, Wolfgang Schug
Sülz, Info: 0221 / 99 21 21-11, Elena Ackermann
www.sbk-koeln.de/angebote/wohnen-pflege/wohnen-mit-service

Antoniter Siedlungsgesellschaft (ASG)
Häuser in 15 Stadtteilen
Info: 0221 / 93 12 11-55, Uwe Frank
Info Sozialmanagement: 0221 / 93 12 11-99, Frank Nieder
www.antoniter.de/wohnen-und-wohnungssuche/wohnen-ab-60

Caritasverband Köln
Häuser in Klettenberg,
Mülheim, Ehrenfeld, Worringen und Porz
Info: 0221 / 955 70-260, Barbara Schroers
www.caritas-koeln.de/hilfe-beratung/pflege-senioren/caritas-wohnen-mit-service/ueberblick

Diakonie Michaelshoven
Rodenkirchen. Info: 0221 / 99 56-30 03, Susanne Liesenfeld
www.diakonie-michaelshoven.de/angebote/weitere-angebote/servicewohnen-in-michaelshoven

Alle Adressen erhältlich beim Zentralen Beratungstelefon für Senioren: 0221 / 221-2 74 00.
www.stadt-koeln.de/Beratungstelefon

Liste der Stadt Köln mit Anbietern von Service-Wohnen. In der Hauptkategorie „Wohnen“ und in der Unterkategorie „Senioren, Service-Wohnen“ anklicken: https://www.stadt-koeln.de/leben-in-koeln/soziales/senioren/beratungstelefon-fuer-senioren-und-menschen-mit-behinderung

Hilfreiche Checklisten und Broschüren:

Eine übersichtliche Checkliste zum Service-Wohnen von Kursana (nächste Standorte Kürten und Königswinter): https://www.kursana.de/fileadmin/BildarchivDK/13_PDFs/05_Checklisten/checkliste-service-wohnen_betreutes_wohnen.pdf

Die Bundesarbeitsgemeinschaft der Seniorenorganisationen (BAGSO) bietet eine umfangreiche Checkliste zum Betreuten / Service-Wohnen an: https://www.bagso.de/publikationen/checkliste/betreutes-wohnen/

Weitreichende Informationen hält auch die Verbraucherzentrale bereit: www.verbraucherzentrale.de/wissen/gesundheit-pflege/pflege-in-wohngemeinschaften/betreutes-wohnen-eine-alternative-fuers-wohnen-im-alter-13905

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Tags: Service­Wohnen , Wohnen , Wohnform

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