Ratgeber
“In mir steckt eine Flasche“-Kleidung
Lars Germann, 13.3.2024 · 29.07.2024
Textilien aus recycelten PET-Flaschen liegen voll im Trend. Foto:Lydia Schneider-Benjamin
Der Trend zu „Fast Fashion“, also kurzlebiger und billig produzierter Kleidung, hat seit dem Jahr 2000 zu einer Verdopplung der weltweiten Textilproduktion geführt. Für das Jahr 2030 wird erwartet, dass 145 Millionen Tonnen Textilien hergestellt werden. Mindestens 60 Prozent dieser Kleidungsstücke enthalten Kunstofffasern aus Polyethylen (PE), welches aus Erdöl hergestellt wird. Ihre Klimabilanz ist verheerend, nur ein Aspekt von vielen: Durch die Produktion und das Waschen dieser Textilien gelangt immer mehr Mikroplastik in den Wasserkreislauf.
Da scheint Kleidung aus recyceltem PET (Polyethylenterephthalat) eine gute Idee zu sein. Tatsächlich wirkt Kleidung aus Plastikflaschen gegenüber der Neuherstellung zunächst einmal umweltfreundlicher zu sein: 59 Prozent weniger Energie wird dabei verbraucht, die CO2- Emissionen sind 32 Prozent niedriger. Da das Umweltbewusstsein der Konsumenten wächst, liegt der Anteil dieser Kleidung mittlerweile bei 14 Prozent, Tendenz steigend.
Nur wenige wissen: Das Recycling der Flaschen ist sehr energieaufwändig und – falls es chemisch durchgeführt wird – auch mit zahlreichen Schadstoffen für Mensch und Natur verbunden. Hinzu kommen die weiten Transportwege. Die Abfall-Flaschen müssen in der Regel erst einmal um die halbe Welt verschifft werden, um dann in Billiglohnländern verarbeitet zu werden. Nicht zuletzt sind die tatsächlichen Anteile von Recycling-PET in den Textilien nicht nachweispflichtig. Da ist es für die Produzenten einfacher, reines PET aus neuen Flaschen zu verwenden und das geschieht häufig. Diese fehlen dann wiederum in der Kreislaufwirtschaft und müssen zusätzlich produziert werden.
„Die Modeindustrie fördert das Image vom textilen Kreislauf, weil wir mit gutem Gewissen schnell und viel konsumieren sollen. Aber das geht ökologisch nicht auf“, sagt Kai Nebel, Ingenieur für textile Verfahrenstechnik an der Hochschule Reutlingen. Auch die Verwendung von „Ocean Plastic“, also aus dem Meer gefischtem Plastikmüll und „Geisternetzen“, löse dieses Problem nicht, da der tatsächliche Anteil in der damit hergestellten Kleidung häufig verschwindend gering sei. Um am Ende sind diese Textilien aus Mischfasern kaum recycelbar und landen letztlich so im Müll.
Mit Textilien aus Recycling-PET lässt sich das Klima also nicht retten. Vielversprechender sind da schon neuartige Materialien wie TENCELTM: Hierbei wird Zellulose aus Holz relativ umweltschonend zu feinen Fasern wie Lyocell und Modal gesponnen, die im Idealfall sogar kompostiert werden können. Auch Textilien aus SeaCellTM (Algen) oder Hanffasern können eine gute Alternative sein. Hochwertige Kleidung aus reiner Bio- Baumwolle hat den Vorteil, dass sie in der Regel lange hält und tatsächlich zu neuer Kleidung recycelt werden kann.
Am nachhaltigsten ist es natürlich, generell möglichst wenig neue Kleidung zu kaufen. Wer seine Lieblingsstücke lange trägt, nicht unnötig oft wäscht und sie auch mal flickt, tut wirklich etwas fürs Klima. Und wer öfter Abwechslung braucht, greift zu Second-Hand-Klamotten. Das ist nicht nur gut für die Umwelt, sondern auch für den eigenen Geldbeutel.
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Tags: Fast Fashion , Klimaschutz , nachhaltige Kleidung , PET-Flaschen , Plastik , Recycling-PET
Kategorien: Ratgeber , Nachhaltigkeit , Verbrauchertipps