Ratgeber
Es gibt was Gutes aufs Auge!
lvp, KölnerLeben, 2018 · 25.04.2024
Brillenmode: Derzeit sind große Fassungen mit markantem Rahmen beliebt. Foto: Fotolia / deagreez
Brigitte Schultz (59) war schon immer stark kurzsichtig; sie konnte nah gut sehen, etwas weiter weg nicht mehr. „Vor zehn Jahren kam etwas Neues dazu. Ich konnte Kleingedrucktes wie die Speisekarte bei meinem Lieblingsitaliener nicht mehr gut lesen.“ Ein ganz normales Phänomen, das alle irgendwann trifft: Mit den Jahren verschlechtert sich das Sehen in der Nähe. Die sogenannte Altersweitsichtigkeit, kurz Alterssichtigkeit, ist da.
Meistens fängt es zwischen Ende 30 und Anfang 50 an: „Weitsichtige trifft es früher, Kurzsichtige später und alle mit guten Augen irgendwann dazwischen“, erklärt Prof. Christian Ohrloff, Sprecher der Stiftung Auge. Alterssichtigkeit entsteht, weil die Augenlinse an Elastizität verliert und sich dadurch immer schlechter auf unterschiedliche Entfernungen anpassen kann, so dass sie nur noch in der Ferne scharf stellt. Bis etwa 65 Jahre schreitet Alterssichtigkeit voran, dann kommt sie zum Stillstand.
Fertiglesebrillen nur als Zweitbrille gut
Um trotzdem gut zu sehen, brauchen die Augen Unterstützung, also eine Lesebrille. Viele betroffene Frauen und Männer greifen anfangs zu Fertiglesebrillen, die es für ein paar Euro in Drogeriemärkten oder Tankstellen gibt. Dagegen ist nichts einzuwenden, um mal kurz im Supermarkt die Zutaten eines Joghurts zu lesen. Aber mit Fertiglesebrillen ein Buch lesen kann anstrengend werden. Sie haben zum Beispiel eine einheitliche Pupillendistanz, das ist der Abstand zwischen der Pupillenmitte und der Nasenwurzel.
Tatsächlich ist der bei jedem unterschiedlich und muss gemessen werden, will man entspannt und gut sehen. Fachleute wie Ohrloff sagen daher: „Fertigbrillen sind etwas für den Notfall oder als Zweitbrille. Sie sind kein Ersatz für eine Lesebrille, die individuell angepasst wird.“
Gleitsicht: eine Brille für alle Fälle
Für ohnehin schon Kurz- oder Weitsichtige sind Gleitsichtbrillen eine gute Wahl, sie decken alle Bereiche ab. Damit entfällt das lästige abwechselnde Auf- und Absetzen zweier Brillen. Doch Gleitsicht ist nicht gleich Gleitsicht. Zur Auswahl stehen drei Kategorien: Beim einfachen, aber günstigen Gleitsichtglas für etwa 200 Euro pro Glas ist der Seitenbereich nur bedingt nutzbar. Schaut man aus dem Augenwinkel, verschwimmen die Ränder.
Teurer ist das Universalglas, durch das man in fast alle Richtungen gut sieht. Und maßgeschneiderte Gläser mit speziellen Beschichtungen, an denen Wasser, Schmutz und Staub abperlen, kosten schnell mal pro Glas 500 Euro und mehr.
Wichtig bei Gleitsicht ist: nicht zu lange damit warten. „Ein später Einstieg in die Gleitsichtbrille erschwert und verlängert die Eingewöhnungszeit“, weiß Optikerin Heidemarie Ernst-Hess: „Dann kann es zwei, drei Monate dauern, um mit der Brille zurechtzukommen.“ Mit zunehmendem Alter brauchen Gehirn und Augen nun mal länger, um sich auf die unterschiedliche Brechkraft der neuen Gläser einzustellen. Späte Einsteiger kämpfen also möglicherweise länger mit Kopfschmerzen, Schwindel oder unscharfem Sehen.
Gut sehen trotz Sonnenlicht
Auch Sport- und Sonnenbrillen werden als Gleitsichtvariante angeboten. Braune, graue und grüne Gläser verfälschen die Farben der Umgebung am wenigsten. Unterschiedliche Tönungsgrade schützen vor schwacher oder starker Blendung, sei es am Strand oder an hellen Wintertagen. Am preiswertesten ist es, sich einen Aufsatz für die eigene Brille mitkonstruieren zu lassen. Raffiniert sind Verlaufsgläser, die oben eine dunklere und unten eine hellere Tönung haben.
Eine weitere Variante sind selbsttönende Gläser, die in Räumen klar bleiben und sich bei Sonnenlicht verdunkeln. Allerdings sind die meisten selbsttönenden Gläser nichts fürs Autofahren, weil moderne Windschutzscheiben einen Teil der UV-Strahlung filtern und die Gläser sich deshalb nicht ausreichend verdunkeln.
Nachtbrillen fürs Autofahren
Stichwort Autofahren, allerdings nachts: Zum natürlichen Alterungsprozess gehört, dass man im Dunkeln immer schlechter sehen kann, weil die Sinneszellen der Augen abbauen, die Hornhaut unregelmäßiger und die Linse trüber wird. Abhilfe versprechen spezielle Nachtsichtbrillen mit gelber Tönung. Durch sie sieht man heller, das Scheinwerferlicht anderer Pkw blendet weniger. Manche Menschen schwören drauf, andere fühlen sich damit unwohl. Und viele Fachleute halten die Gelb-Brillen für nutzlos oder gar gefährlich.
Auf jeden Fall muss die Tönung der Gläser fürs nächtliche Autofahren unter 25 Prozent liegen. Mit der Filterkategorie 0, die bis 20 Prozent Tönung zulässt, ist man auf der sicheren Seite. Die Angabe steht meist auf dem Bügel. Für eine stärkere Tönung sollte man sich beraten lassen.
Kontaktlinsen: zum Sport oder täglich?
Manch einer sucht nach einer Alternative zur Brille. Zum Ausgleich der Alterssichtigkeit werden auch Kontaktlinsen angeboten, die direkt auf die Hornhaut im Auge gesetzt werden. Das Sortiment mit weichen und harten Kontaktlinsen aus hoch sauerstoffdurchlässigem Kunststoff kann sich sehen lassen.
Beide Varianten haben einige Vor- und Nachteile: Die harten Kontaktlinsen sind kleiner und „schwimmen“ relativ locker auf dem Tränenfilm. Die Augen werden so besser mit Feuchtigkeit versorgt als beim Tragen der größeren, weichen Linsen. Die wiederum verrutschen nicht so schnell und werden häufig als angenehmer empfunden. Für gelegentliches Tragen, etwa zum Sport oder in der Sauna, können sich Tages- oder Monatslinsen anbieten, für den täglichen Einsatz Jahreslinsen.
Ganz ausgereift zum Ausgleich der Alterssichtigkeit sind Kontaktlinsen jedoch nicht. Jedenfalls ersetzen sie nicht vollständig eine Brille. Defizite gibt es zum Beispiel bei Hell-Dunkel-Kontrasten, und weil die Augen mit den Jahren trockener werden, steigt die Linsenunverträglichkeit. Außerdem braucht man zum Einsetzen eine ruhige Hand. „Auf Dauer kommen viele Ältere mit Kontaktlinsen nicht zurecht und empfinden sie als Belastung“, hat Dr. Manuel Hermann, Leiter des Laserzentrums an der Uniklinik Köln, festgestellt.
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