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Ratgeber

Ein Ehrendienst

Diana Haß-KölnerLeben Ausgabe 3/2016 · 17.03.2017

Foto: fotolia.com

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Das Leben in den eigenen vier Wänden zu beschließen, ist der Wunsch der meisten Menschen. Ambulante Hospizdienste stehen Betroffenen und Angehörigen zur Seite und bieten ehrenamtliche Unterstützung.

Wenn Monika Weigel in die Wohnung eines schwer kranken Menschen kommt, gilt vor allem eins: achtsam sein und spüren. Spüren, was der Mensch dort in diesem Moment möchte und braucht. „Ich maße mir kein Urteil an. Ich sehe meine Aufgabe darin, das zu machen, für das keine Zeit bleibt“, sagt Monika Weigel. Seit rund zwanzig Jahren arbeitet die dreifache Mutter ehrenamtlich bei einem ambulanten Hospizdienst. Zwölf ambulante Hospizdienste gibt es in Köln. Ihre ehrenamtlichen Mitarbeiter begleiten Menschen in der letzten Lebensphase. Sie besuchen Schwerkranke zu Hause oder im Altenheim.

„Jede Begleitung ist anders, so wie jeder Mensch anders ist“, sagt Monika Weigel. Grundsätzlich begleitet sie – so wie alle Mitarbeiter der ambulanten Hospizdienste – immer nur eine Person. Manchmal dauert die Begleitung kurz, manchmal länger als ein Jahr. „Längere Begleitungen finde ich schöner. Da kann eine Beziehung entstehen und Vertrauen wachsen“, sagt die 62-Jährige. Monika Weigel kommt in der Regel einmal in der Woche für etwa eineinhalb Stunden. Dann schenkt sie Zeit – Zeit, in der alles möglich ist: sprechen, schweigen, weinen, lachen. „Mit einem Mann habe ich mir auch schon mal eine Stunde lang eine Werbesendung im Fernsehen angesehen“, erinnert sich Weigel. Bei anderen sitzt sie vielleicht einfach nur im Wohnzimmer und hält Wache. Oder sie hält eine Hand und schenkt eine Umarmung, wenn sie spürt oder weiß, dass jemand das möchte. Manche Menschen, die sie begleitet, stehen ganz alleine da. Bei anderen wohnen Verwandte weit weg. Wieder andere leben zusammen mit dem Ehepartner.

Entlastung für Angehörige

„Wenn ich bei einem Ehepaar bin, dann nutzt der Angehörige auch gerne mal die Zeit, um Besorgungen zu machen oder etwas für sich zu tun“, erklärt die Hospizmitarbeiterin. Aber nicht nur das. Gerade Angehörige brauchen oft auch ihr offenes Ohr. „Bei einem Außenstehenden kann man besser loslassen“, ist Monika Weigel überzeugt.

Es ist nicht nötig, Rücksicht zu nehmen. Sorgen, Ängste, Ärger, Trauer oder Wut dürfen einfach frei geäußert werden. „Das entlastet sehr“, sagt Monika Weigel. Auch für die Kranken ist ein Außenstehender oft eine Wohltat.

Die ehrenamtlichen Hospizmitarbeiter hören viele Geschichten – vom Krieg, von Erfolgen und Niederlagen. Das Leben Revue passieren lassen – ungeschönt und ohne Rücksicht auf die Gefühle von nahestehenden Menschen nehmen zu müssen – auch das ist mit den Hospizmitarbeitern möglich. „Uns wird viel Vertrauen geschenkt“, sagt Monika Weigel und fügt hinzu: „Ich betrachte das wirklich als ein Geschenk.“ Ihre Pflicht zur Verschwiegenheit nimmt sie ernst.

EhrendienstFoto: fotolia.com

„Noch einmal …“

Doch neben allem Aufarbeiten, neben Trostspenden und Haltgeben, ist Sterbebegleitung auch Lebens-begleitung. „Es geht um Leben bis zum Schluss. Wir trinken auch zusammen Kaffee und lachen“, erzählt Monika Weigel. Viele Menschen wünschen sich „noch einmal“ etwas. Zuweilen sind das Lieblingsgerichte. Ehrenamtliche Hospizmitarbeiter versuchen, diese Wünsche zu erfüllen. Was Menschen am Ende ihres Lebens wichtig ist, ist so unterschiedlich wie das, was ihnen im Laufe ihres Lebens wichtig war. Freude, Humor und Genuss sind mehr als willkommen. Nicht selten macht Monika Weigel mit den Menschen, die sie begleitet, kleine Ausflüge. „Eine Frau wünschte sich einen Einkaufsbummel. Wir sind in eine Handarbeitsabteilung gefahren und sie hat die Wolle verglichen, in die Hände genommen, begutachtet und geprüft.“ Abschiednehmen von etwas, das ein Leben lang wichtig war.

Bewusst Abschied nehmen

Nur selten war Monika Weigel bisher dabei, wenn Menschen ihren letzten Atemzug taten. Oft kommen dann Angehörige. Oder die Menschen sterben in der Nacht. Für Monika Weigel selbst ist es wichtig, bei der Beerdigung Abschied zu nehmen. Auch in der Gruppenstunde des Hospizvereins wird des Verstorbenen gedacht. „Wir zünden eine Kerze an und nennen den Namen“, sagt sie. Der Tod wird so eingebettet in ein Ritual. Er wird ebenso gewürdigt wie der lebende Mensch. Achtung und Achtsamkeit sind zentral bei der Hospizarbeit. Und die ehrenamtlichen Mitarbeiter lernen dies – neben vielen handfesten Informationen von Patientenverfügung bis hin zu Gesprächsführung – in ihren Befähigungskursen, die sie alle durchlaufen.

Tags: Beratung , Ehrenamt , Ratgeber

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