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Gesund leben

Schlafgesundheit – Haupt-Sache Kissen

Lisa von Prondzinski · 20.05.2022

Das Kissen muss passen. Foto: Freepik

Das Kissen muss passen. Foto: Freepik

Lesen Sie, was man beim Kissenkauf beachten sollte, wie man es pflegen kann und welchen Einfluss die eigene Schlafposition auf die Gesundheit hat.

„Bei einer Werbeaktion in einem Kaufhaus habe ich spontan zugegriffen“, erzählt Kerstin B. Doch der Kissenkauf im Vorübergehen rächte sich rasch. „Mit diesem Kissen kam ich gar nicht zurecht, wachte nachts immer wieder auf. Morgens war der Nacken total verspannt und ich fühlte mich wie gerädert“, erzählt die 57-Jährige. Kein Einzelfall.

„Durch ein falsches Kissen gerät der Schlafende in eine schlechte Liegelage, sodass die Strukturen der Halswirbelsäule gequetscht werden können; vor allem die kleinen Gelenke, die für die Beweglichkeit zuständig sind. Das führt dann zwangsläufig zu Verspannungen“, erklärt Orthopäde Dr. Gert Graebner. Und: „Falsches Liegen kann zu Blut- und Lymphstau führen. Mögliche Folgen sind Kopfschmerzen, Schwindelattacken und Sehstörungen.“ Von einem erholsamen Schlaf ist man da weit entfernt.

Mit zunehmendem Alter wird das richtige Kissen immer wichtiger. „In der Regel nimmt mit dem Alterungsprozess die Beweglichkeit ab, sodass es noch rascher zu Verspannungen kommt“, sagt Dr. Graebner.

„Im Schlaf entspannt sich die Muskulatur und stützt nicht mehr aktiv."

Dr. Gert Graebner, Orthopäde

Optimale Abstützung

Ein Kissen sollte also weder zu hoch noch zu niedrig sein. Es soll den Nacken während des Schlafs optimal abstützen, indem es den Hohlraum, der zwischen Schulter und Nacken entsteht, ausfüllt. Folglich knickt die Halswirbelsäule nicht ab und der Kopf ist weder nach oben noch nach unten geneigt. Die Wirbelsäule hat so eine gerade Linie – wie beim Stehen. „Deshalb ist es kontraproduktiv, sich mehrere Kissen unter den Oberkörper zu legen, denn auch dann liegt man schief“, sagt Holger Braun, Inhaber des Bettenfachgeschäfts Aunold Orthoschlaf.

Zugegeben, das richtige Kissen zu finden, ist nicht einfach. Denn das Angebot ist riesig – in puncto Form, Material und Größe. Es gibt harte, weiche und vorgeformte Kissenmodelle ebenso wie Partner- oder Anti-Schnarch-Kissen, Kissen in Keil- und Kugelform, für Allergiker oder Rückenpatienten. Manche sind mit Daunen gefüllt, andere mit Körnern wie Dinkel oder Hirse, Latex, Kaltschaum oder auch mit Wasser. Und ein qualitativ gutes Kissen hat seinen Preis: zwischen 80 und 140 Euro muss man anlegen.

Schlafposition ist entscheidend

Für das optimale Kissen kommt es auf die eigene Schlafposition an. Reine Rücken- oder Seitenschläfer gibt es kaum. Die meisten Menschen drehen und wenden sich im Schlaf mehrmals. Aber fast alle haben eine Lieblingsposition. Sie ist für den Kauf ausschlaggebend.

Tatsächlich mögen die meisten Menschen eine Seitenlage. „Die Seitenschläfer benötigen grundsätzlich ein etwas höheres Kissen als Rückenschläfer“, sagt Berater Braun. Was passt, kann nur eine zweite Person beurteilen. Am besten eine Fachkraft. Sie sieht auch, ob die Höhe nach unten oder oben angepasst werden muss.


Seitenschläfer brauchen ein höheres Kissen. Illustration: jehsomwang / iStock

Nacken stützen

„Für Bauchschläfer sind, wenn überhaupt, nur ganz flache oder gar kein Kissen am besten“, sagt Braun. „Denn durch Kissen werden die Nackenwirbel noch stärker verdreht.“ Rückenschläfer brauchen meist niedrige Kissen – es sei denn, man hat einen Rundrücken. Vor allem wer immer wieder mit Nackenverspannungen zu tun hat, kann mit einem Nackenstützkissen gut bedient sein. Um die optimale Höhe zu ermitteln, stellt man sich mit dem Rücken an eine Wand und misst den Abstand zwischen Wand und Hinterkopf.

Ohnehin ist der Rückenschlaf aus orthopädischer Sicht der beste. Diese Schlafhaltung lässt sich mit Geduld auch antrainieren. Manche Experten empfehlen, in der Rückenlage sogar ganz auf ein Kissen zu verzichten. Dr. Graebner hält ein Kissen immer für sinnvoll, denn: „Im Schlaf entspannt sich die Muskulatur und stützt nicht mehr aktiv. Das passende Kissen unterstützt die Halswirbelsäule so, dass auf die Wirbelsäule eine gleichmäßige Druckverteilung ausgeübt wird und sie in ihrer natürlichen Form gelagert wird.“

Guter Service: Verleih und Rückgabe

Um das richtige Kissen zu finden, sind aber auch andere Faktoren wichtig: „Die Matratze und der Körperbau sowie das Gewicht sind dabei entscheidend“, sagt Braun. „Jemand mit breiten Schultern und einer harten Matratze zum Beispiel sinkt kaum ein und braucht deshalb ein höheres Kissen als jemand mit schmalen Schultern und weicher Matratze.“ Richtig beurteilen lässt sich das Zusammenspiel erst zu Hause.

Deshalb verleihen gute Fachgeschäfte ihre Modelle für einige Tage und geben eine sogenannte Zufriedenheitsgarantie: Sollte das Kissen sich doch als Flop heraus- stellen, kann man es noch einige Wochen später zurückbringen. Doch ganz gleich, welches Kissen es am Ende wird, Hauptsache ist: Man liegt entspannt und fühlt sich wohl. Das ist auch Kerstin B. nach ihrem Fehlkauf klar geworden. Ihr Fazit: „Um das passende Kissen zu finden, muss man sich Zeit nehmen.“

 

Tipps für Kissenkauf und -pflege

  • Ein Kissen sollte morgens getestet werden. Wenn man müde ist, steigt die Gefahr von Fehleinschätzungen.

  • Bringen Sie ins Fachgeschäft alle Daten zu Ihrer Matratze mit.

  • Bedenken Sie: Für besonders kalte Schlafzimmer eignen sich nicht alle Materialien gleich gut. Viscoschaum zum Beispiel kann sich nicht so gut anpassen.

  • Körnerkissen können Geräusche verursachen, das kann störend sein.

  • Synthetische Materialien wie Polyester sind gut für Allergiker. Minderwertige Fasern klumpen jedoch beim Waschen.

  • Kalt- oder Latexschaum stützt gut, fühlt sich aber nicht so kuschelig an.

  • Bis ein neues Kissen sich gut anfühlt, kann es bis zu drei Wochen dauern.

  • Bei der Standardgröße von 80 x 80 cm sinken Kopf und Schulter ins Kissen; die Wirbelsäule kann nicht richtig entspannen. Optimal sind Größen von 40 x 80 cm und 40 x 60 cm.

  • Informationen über Testberichte können hilfreich sein. Zum Beispiel von Ökotest: www.oekotest.de

Die richtige Pflege

Die richtige Pflege ist wichtig, um Gerüche und Milben fernzuhalten. Federn und Daunen sind sehr empfindlich, können aber mit einem Spezialwaschmittel selbst gewaschen werden. Füllungen aus Rosshaar, Schafschurwolle und Kamelflaum- haar gehören definitiv in eine Edelhaar- oder Wollwäscherei. Wenn das Kopfkissen einen abnehmbaren Bezug hat, ist meist nur dieser waschbar, die Füllung nicht.

Unabhängig vom Füllmaterial gilt: Am besten täglich lüften, damit die Feuchtigkeit, die nachts durchs Schwitzen einzieht, entweichen kann.

Aunold Orthoschlaf
Minoritenstr. 9–11,
50667 Köln,
Tel. 0221 / 99 57 88 0.
www.aunold.de

Sleep.8
Rhein-Center Weiden,
Aachener Str. 1253,
50858 Köln.
www.sleep8.de

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Tags: Nacken- und Rückenschmerzen , Schlafstörung

Kategorien: Gesund leben , Ratgeber