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Gesund leben

Wie harmlos ist Cannabidiol?

Julia Rudorf / Apotheken Umschau · 15.10.2022

Was drin im Cannabidiol? Foto: iStock / Tinnakorn Jorruang

Was drin im Cannabidiol? Foto: iStock / Tinnakorn Jorruang

Cannabidiol – kurz CBD – berauscht, anders als Cannabis, nicht. Es wird zwar auch aus Hanf gewonnen, ist aber ein harmloser Bestandteil, dem viele positive Eigenschaften zugesprochen werden. Was ist wissenschaftlich erforscht?

Die Kombination aus drei Buchstaben buhlt auf immer mehr Produkten um Aufmerksamkeit. Sie ist auf Ölen, Kaugummis oder Hautpflegeprodukten abgebildet, daneben oft ein grünes Hanfblatt. Auch spezielle „CBD-Shops“ wurden eröffnet. Wer im Internet nach CBD-Produkten sucht, landet schnell auf Seiten, auf denen von allerlei positiven Wirkungen für Körper und Geist die Rede ist – angeblich alles durch wissenschaftliche Studien belegt. So groß die Versprechen, so groß auch die Fragezeichen.

Tetrahydrocannabinol und Cannabidiol

Erwiesen ist: Teile der Hanfpflanze enthalten zig verschiedene Cannabinoide. Je nach Pflanzensorte variieren die Zusammensetzung und ihr Gehalt. Die bekanntesten Cannabinoide sind Tetrahydrocannabinol, kurz THC, sowie Cannabidiol, also CBD. Weil THC eine berauschende Wirkung und damit Suchtpotenzial hat, fällt es unter die Bestimmungen des Betäubungsmittelgesetzes, wird also streng reguliert.

CBD hingegen gilt bislang als quasi braver Verwandter: Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) schrieb 2018 in einer Stellungnahme, dass es beim Menschen keine Effekte zeige, die auf ein Missbrauchs- oder Suchtpotenzial hindeuteten. Für jemanden, der auf der Suche nach Drogenrausch ist, sei CBD kaum geeignet.

Bereits 2017 wurde CBD in den USA als Wirkstoff anerkannt und das erste CBD-Fertigpräparat zur Behandlung seltener Epilepsieformen zugelassen. Vor allem Menschen mit chronischen Beschwerden wie Schlafproblemen, Stoffwechsel- oder Hauterkrankungen interessieren sich für CBD. Die Hersteller werben – manchmal sehr direkt, manchmal eher durch die Hintertür – mit verschiedenen Gesundheitsversprechen.

Zum Beispiel soll der Inhaltsstoff auf natürliche Art den Appetit zügeln. In der Kosmetik soll er Akne beseitigen, als Tropfen Unruhe lindern oder gegen Schmerzen helfen. Anwenderin Uta W. (62) bestätigt: „Nach ein paar Tropfen unter der Zunge kann ich besser entspannen und meine Gedanken kommen zur Ruhe.“

Unerforschte (Neben-)Wirkungen

Psychiater Markus Leweke betont, dass für die Wirkung bislang nur wenige Beweise vorliegen. Seit der Zulassung gab es kaum gute wissenschaftliche Untersuchungen zur medizinischen Wirkung der Cannabinoide. Auch die Vermutung, dass CBD, äußerlich angewendet, gegen bestimmte Schmerz- und Entzündungsprobleme helfen könne, wurde bislang nicht an Patienten untersucht.

Ähnlich liegt der Fall bei Angststörungen, auch dort sei die Studienlage mehr als dürftig. Leweke selbst führt seit einigen Jahren mit Forschern der Unikliniken Köln, Berlin, Hamburg, München und Aachen eine klinische Studie durch, die untersuchen soll, ob CBD die Behandlung von Schizophrenie verbessern könnte.

Unterstützung bekommt das Projekt vom Bundesministerium für Bildung und Forschung. Die Idee dahinter: Cannabinoide können das körpereigene Cannabinoid-System beeinflussen. Dieses reguliert viele Körperfunktionen, von Schlaf über Appetit und Stress bis zum Immunsystem. Ungeklärt sind auch viele Fragen zu Neben- und Wechselwirkungen.

Fragen Sie einen Arzt oder Apotheker!

Es gibt Hinweise darauf, dass durch CBD Gerinnungshemmer oder andere Medikamente nicht mehr ausreichend in der Leber abgebaut werden. Sie könnten sich dann im Blut anreichern. „CBD- Produkte, die ohne Rezept angeboten werden, können auch erhebliche Neben- und Wechselwirkungen haben“, sagt Thomas Preis, Vorsitzender der Apothekerverbände Köln und Nordrhein.

Weil sie nicht als Arzneimittel zugelassen seien, fehle auch eine Packungsbeilage, die über Risiken und Nebenwirkungen aufkläre. Dass CBD nicht nur als Medikament verordnet wird, sondern vor allem als Nahrungsergänzungsmittel im Umlauf ist, sieht er als zusätzliches Problem. „Anders als Arzneimittel werden diese deutlich weniger streng reguliert.“

Es gebe bei frei verkäuflichen CBD-Produkten auch keine wirksame Kontrolle, dass tatsächlich der versprochene Wirkstoff und höchstens 0,2 Prozent des berauschenden THC enthalten seien. Fazit: Viele schwören auf die Wirksamkeit von CBD-Produkten. Vor der Einnahme sollte man aber seinen Arzt oder Apotheker um Rat fragen.

Tags: Natürliche Heilmittel

Kategorien: Gesund leben