A- A A+

Gesund leben

Ärztliche und spezialisierte Leistungen in der Palliativversorgung

Sabrina Steiger · 04.09.2024

Das Team des SAPV kann Menschen begleiten, die zuhause sterben wollen. Foto: Thomas Banneyer

Das Team des SAPV kann Menschen begleiten, die zuhause sterben wollen. Foto: Thomas Banneyer

Unheilbar Kranke, die zu Hause sterben möchten, betreut die Kölner „Spezialisierte Ambulante Palliativversorgung“, kurz SAPV, bis zum Ende.

„Hätten wir das mal früher gewusst!“ Diesen Satz hat Dr. Annette Wille-Friederichs schon oft gehört. Denn was das SAPV-Team leistet, ist noch viel zu wenigen bekannt.

„Wir begleiten die Menschen in ihrer letzten Lebensphase in ihrer Häuslichkeit“, erklärt Dr. Wille-Friederichs. Häuslichkeit, das kann die eigene Wohnung oder auch ein Zimmer im Pflegeheim sein. Palliativärzte und Fachpflegekräfte kommen täglich – und bei Bedarf auch nachts – zum kranken Menschen. Sie geben Medikamente, lindern Schmerzen oder Übelkeit und stehen den Angehörigen in diesen schweren Stunden bei.

Konkrete Linderung

Zum Beispiel bei der 82-jährigen Dame. Sie leidet an Lungenkrebs im Endstadium mit vielen Metastasen. Das SAPV-Team Köln überlegt jeden Tag aufs Neue, welche konkrete Hilfe es geben kann: Mehr Medikamente gegen ihre Schmerzen? Etwas gegen die Übelkeit? Immer wieder sammelt sich Wasser in der Lunge an und erschwert die Atmung. Die Pflegekraft lässt das Wasser über eine Drainage ab, die dabei entstehende Wunde wird versorgt.

Der 85-jährige Ehemann wird mit sogenannten Entlastungsgesprächen unterstützt und informiert. „Wir klären etwa auf, dass es ganz normal ist, wenn die Frau keinen Appetit hat – sie muss nichts mehr essen und sie muss nichts mehr trinken“, erzählt Dr. Wille-Friederichs.

Die meisten sterben zu Hause

Das Team begleitet bis zum Ende. „97 bis 98 Prozent unserer Patientinnen und Patienten sterben zu Hause“, sagt die Ärztin. Einige wenige wollten jedoch zum Schluss noch mal ins Krankenhaus oder ins Hospiz. Auch dies wird respektiert. Dahinter steckt oft der Wunsch, Kinder zu schonen oder dem Ehepartner nicht zumuten zu wollen, im gemeinsamen Bett zu sterben. Für solche Fälle hat das SAPV-Team Betten in drei Hospizen. Es betreut die Sterbenden dort weiter.

Gesetzlicher Anspruch auf palliative Versorgung

Einen gesetzlichen Anspruch auf palliative Versorgung haben seit 2007 alle tödlich Erkrankten, die nicht mehr kurativ – also heilend – behandelt werden können. Außerdem dürfen sie nur noch eine Lebenserwartung von Wochen oder Monaten haben und müssen unter mindestens einem Symptom leiden, zum Beispiel Schmerzen, Luftnot oder Angst.

Wer zu Hause mit Unterstützung eines SAPV-Teams sterben möchte, braucht eine Verordnung – aus dem Krankenhaus oder vom niedergelassenen Arzt. „Uns ist ganz wichtig, mit den Hausärzten zusammenzuarbeiten“, sagt Dr. Wille-Friederichs. „Sie dürfen weiter ihre Hausbesuche abrechnen. Aber wir können in der täglichen Versorgung helfen.“

Leistungen von der Krankenkasse

Die gesetzlichen Krankenkassen übernehmen dann die Kosten, die privaten Kassen in den meisten Fällen auch. Wichtig zu wissen: Die Leistungen werden nicht von den Pflegekassen, sondern allein von den Krankenkassen bezahlt. Pflegeleistungen durch einen Pflegegrad bleiben bestehen. Pflegende Angehörige zum Beispiel können weiter aufs Pflegegeld zählen.

Kein Platzmangel oder Wartelisten

„Wir nehmen jeden auf, innerhalb von 24 Stunden“, führt Dr. Wille-Friederichs weiter aus. Platzmangel und Wartelisten gibt es nicht. Die Geschäftsführer, Dr. Stefanie Wagner und Dr. Thomas Joist, sind selbst Hausärzte mit eigenen Praxen. Wenn Not am Mann ist, fahren sie mit zu den Sterbenden. Dr. Wille-Friederichs, die die Einsätze koordiniert, stellt aber bei Bedarf auch zusätzliches Personal ein. Wie lange die Patienten das Team brauchen, ist ganz unterschiedlich – „drei Stunden, drei Tage oder auch drei Monate“, sagt Dr. Wille-Friederichs.

Weitere Unterstützung von Ehrenamtlichen

Das Team arbeitet ergänzend mit dem Ambulanten Hospizdienst (AHD) zusammen, der ehrenamtliche Helfer vermittelt. Sie stehen vier Stunden in der Woche zum Reden, Spielen oder Spazierengehen zur Verfügung, je nachdem, was dem Angehörigen guttut. Wenn jemand allein lebt, organisiert das Team für die letzten Stunden Sitzwachen. Dr. Wille-Friederichs: „Niemand soll allein sterben.“

Für die Lebenden da

Nicht nur bei Krebs kann das SAPV-Team in den letzten Wochen und Monaten wertvolle Hilfe leisten. Es versorgt Menschen mit Herzschwäche, Multipler Sklerose (MS) oder Amyotropher Lateralsklerose (ALS), einer schweren neurologischen Erkrankung. Auch bei der Lungenkrankheit COPD „können wir Gutes tun“, so Wille- Friederichs: „Wir können die Lunge nicht heilen, aber Medikamente geben, damit sie entspannt.“

Dabei sieht sie keine Gefahr, mit Morphinen zum Beispiel einen früheren Tod herbeizuführen. „Wir geben so viele Medikamente, dass der Mensch symptomfrei ist. Dabei nehmen wir in Kauf, dass er entweder mehr schläft – oder aber so entspannt, dass er ganz loslassen kann.“ Selbst wenn das etwas früher sein sollte als ohne Medikamente, ist das als indirekte Sterbehilfe in Deutschland erlaubt. Sie seien für die Lebenden da und keine Todesengel, betont Dr. Wille-Friederichs: „Wir sind die Hebammen am Ende des Lebens.“

Das SAPV-Team Köln wird von Hausärzten getragen und hat einen linksrheinischen und einen rechtsrheinischen Standort sowie einen weiteren im Rheinisch-Bergischen Kreis.

Zentrale Patientenaufnahme:
Tel.: 0221 / 99 99 25 25
www.palliativteam-koeln.de

Das Palliativzentrum der Uniklinik Köln bietet ebenfalls eine spezialisierte ambulante Palliativversorgung.
Patientenanmeldung:
Tel.: 0221 / 478-972 17

Spezialisierte Ambulante Palliativversorgung (SAPV) - Zentrum für Palliativmedizin (uk-koeln.de)

Hospiztag 2024

Donnerstag, 31. Oktober 2024, 10–15.30 Uhr
Die Teilnahme ist kostenfrei. Anmeldeschluss: Dienstag, 15. Oktober 2024.

Zentrale Veranstaltung der Hospiz- und Palliativtage NRW. Austauschveranstaltung für haupt- und ehrenamtlich Tätige, die mit schwerstkranken und sterbenden Menschen und deren Angehörigen arbeiten. Live im Kölner Maternushaus und online.

Das Programm finden Sie hier.
Weitere Informationen unter Zentrale Veranstaltung der Hospiz- und Palliativtage NRW 2024 | ALPHA NRW (alpha-nrw.de).

Das könnte sie auch interessieren

Hospizdienste – Am Lebensende gut begleitet
Begleitung für Schwerstkranke
Wenn die Clowns klopfen – ein Besuch des Vereins Kölner Klinikclowns e.V.

Tags: Palliativ-Sterben , Tot und Trauer – Hospiz in Köln

Kategorien: Gesund leben , Pflege , Vereine / Organisationen