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Raus aus Köln

Ausflugsziel Emden

ml · 19.06.2018

Emdens einzigartige Kesselschleuse. Foto: Sandra Langenbach / Emden Marketing und Tourismus GmbH

Emdens einzigartige Kesselschleuse. Foto: Sandra Langenbach / Emden Marketing und Tourismus GmbH

„Dat Otto Huus“ und andere Besonderheiten: die ostfriesische Stadt hat viel Kultur und Sehenswertes zu bieten.

„Moin, Moin“, begrüßt der Schiffsführer die Leute, die sich für eine Grachtenfahrt durch die Kanäle von Emden entschieden haben. „Moin, Moin“, das ist ein Gruß, der hier unabhängig von der Tageszeit gilt und so viel wie „Ich wünsche einen guten Tag“ bedeutet. Direkt an der Schiffsanlegestelle erhebt sich die Kunsthalle. 1986 ließen sie „Stern“-Gründer Henri Nannen und seine spätere Ehefrau Eske aus eigenen Mitteln erbauen. Seine private Kunstsammlung brachte der Journalist gleich mit ein, noch vor seinem Tod hat er sie seiner Heimatstadt Emden geschenkt. Schwerpunkt ist die Klassische Moderne mit Arbeiten von Kirchner, Nolde und Heckel. Neben diesen Werken wird in Sonderausstellungen auch Zeitgenössisches gezeigt, bis zu fünf Präsentationen jährlich. So werden diesen Sommer die prägnanten Holzfiguren des Holzbildhauers Stephan Balkenhol zu sehen sein.

Gemächlich zieht das gläserne Ausflugsboot durch die Kanäle. 150 Kilometer können in und um Emden befahren und erkundet werden. Nach jeder Biegung erschließen sich neue Einblicke: Da gibt es stattliche, mit Ried gedeckte Villen in großen, gepflegten Gärten, zahlreiche Wassersportclubs lassen auf ein reges Vereinsleben schließen. Dort taucht plötzlich eine imposante Windmühle auf, Teile der alten Stadtbefestigung werden sichtbar. Schließlich signalisieren die vielen privaten Boote: Hier wird am Wasser gelebt. Aber auch gearbeitet. Über den westlichsten Hafen Deutschlands werden über eine Million Fahrzeuge und Windkraftanlagen „made in Ostfriesland“ verschifft. Das verschafft mehreren tausend Menschen, vom Festmacher bis zum Werftchef, Lohn und Brot.

Eine Schleuse für vier Himmelsrichtungen


Emden mit seinen Kanälen und roten Backsteinfassaden. Foto: Karl-Heinz Krämer / Emden Marketing und Tourismus GmbH

In der Kesselschleuse hält sich das Ausflugsboot etwas länger auf. Sie ist einzigartig in Europa. Rund gebaut, öffnen sich vier Schleusentore in vier verschiedene Richtungen: alles Kanäle mit unterschiedlicher Wasserhöhe. Schließlich ist das Meer nahe. „Kaum jemand kann sich vorstellen, wie die Schleuse und der weiterführende Ems-Jade-Kanal gebaut worden sind. 8.000 Leute schaufelten über acht Jahre die kilometerlangen Gräben aus“, erzählt der Schiffsführer. „Ende des 19. Jahrhunderts, als das Kanalnetz erbaut wurde, gab es keine Maschinen, keinen Bagger, keinen Lkw, keine Trecker. Rein gar nichts!“

Die Fahrt endet am Ratsdelft. Hier ist das Zentrum der Stadt, und hier befinden sich Museen höchst unterschiedlicher Art. Zwei sind am Delft vertäut. Da ist einmal das Feuerschiff „Amrumbank“. 65 Jahre war es in der deutschen Bucht mit Leuchtfeuer und als Lotsenstation im Dienst. Wenige Schritte weiter liegt der Seenotrettungskreuzer „Georg Breusing“.

Ein Museum für Otto Waalkes

Bei einer Drehung um die eigene Achse erblickt man das Rathaus mit einem imposanten Renaissanceportal, das der Zweite Weltkrieg übrig gelassen hat. Ein zum Nachdenken anregender Satz fällt auf: „Concordia res parvae crescunt – Durch Eintracht wachsen selbst kleine Dinge“. 2005 hat das Ostfriesische Landesmuseum hier seinen Platz gefunden. Die vielen zeitgeschichtlichen Dokumente sind außergewöhnlich gut präsentiert – spannend und abwechslungsreich.

Wieder eine Drehung um die eigene Achse, und da erblickt man ein Museum sehr eigener Art: Dat Otto Huus – so heißt es ganz offiziell. Die Stadt hat es ihrem bekannten Komiker Otto Waalkes gewidmet, hier ist praktisch alles zusammengetragen, was mit Otto zusammenhängt: Ottos Werke, Ottos Requisiten aus seinen Filmen, Fotografien, persönliche Errungenschaften, Preise, Auszeichnungen, und selbstverständlich laufen in einem Kinosaal Ottos beste Gags und Filmszenen – in Dauerschleife.

Eine gigantische Schiffsflotte fern vom Meer


Das Emdener Rathaus, direkt am Fluss. Foto: Karl-Heinz Krämer / Emden Marketing und Tourismus GmbH

Beim Schlendern durch die Straßen fallen die überwiegend zweistöckigen Wohn- und Geschäftshäuser auf. Die mit roten Backsteinen verkleideten Fassaden sind schlicht und schmucklos. Es sind die Bauten der 1950er/60er Jahre. Emden war durch Bombenangriffe der Alliierten größtenteils zerstört worden, war doch die Marine hier angesiedelt. Erhalten sind noch die mächtigen Bunker aus rohem Beton. Zwangsarbeiter mussten sie damals in Eile errichten, wie man im Bunkermuseum erfahren kann.

Nur noch zwei Häuser vermitteln einen Eindruck davon, wie die Stadt vor ihrer Zerstörung ausgesehen hat, wie wohlhabend sie einmal war. Sie sind im Renaissance-Stil gestaltet und haben prächtige ornamentierte Fassaden. Dieser Reichtum kam mit den niederländischen Glaubensflüchtlingen im 16. Jahrhundert und dem anschließenden wirtschaftlichen Aufschwung. Denn sie brachten nicht nur ihre Familien, sondern auch ihre Schiffsflotte – damals größer als die der Engländer, die die Meere beherrschten – mit. Und den hübschen Gruß: „Moin, moin!“, so sagt man noch heute.

Tourist-Information & Kulturevents
Alter Markt 2a, 26721 Emden
Tel. 04921 / 974 00
ti@emden-touristik.de

Ausstellung Stephan Balkenhol
9. Juni bis 16. September 2018
Kunsthalle Emden
Hinter dem Rahmen 13, 26721 Emden
Tel. 04921 / 97 50 50

Di–Fr 10–17 Uhr, Sa, So, Feiertage 11–17 Uhr
Eintritt 9 Euro, ermäßigt 7 Euro, Verbundkarte mit dem Ostfriesischen Landesmuseum 14 Euro

Tags: Ausflug

Kategorien: Raus aus Köln