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Rocken ohne Ende

ph · 04.04.2018


Musik ist für sie Lebensqualität: Bushfield in Aktion. Foto: Reinold Schmelzer

Hahns Schilderungen ist zu entnehmen, dass es in diesem Lebensabschnitt in vieler Hinsicht wieder einfacher wird, Musik zu machen. Ihr Sänger wechselt demnächst in den beruflichen Ruhestand, dann zählen schon drei Rentner zur Besetzung. „Wir können dann öfter proben. Das wird uns nach vorne bringen“, sagt Hahn, selber 58 Jahre alt. Er sieht noch mehr Vorteile: „Man muss bei den Proben nicht mehr so auf die Uhr schauen. Und wenn man sich mal streitet und jemand vor Wut eine Tür zuschlägt, dann ist das inzwischen einfacher zu tolerieren.“ In einem gewissen Alter wisse man eben, dass es wichtigere Dinge im Leben gebe, als um eine falsche Note zu streiten.

„Musik machen hält uns jung“, sagt er und meint nicht nur die Lebenseinstellung „Rock ’n’ Roll“ oder das Bewahren der eigenen Jugend. Sich gemeinsam ein neues Stück zu erarbeiten, sei körperliche und geistige Arbeit, die sich aber lohne: „Ohne Musik würde mir ganz viel Lebensqualität fehlen.“

„Alleine spielen ist Driss“

Das gilt ohne Frage auch für die Musiker von „Phil Ze Loud“. Der Name ist verkölschtes Denglisch für die ironisch zu verstehende Beschwerde „viel zu laut“. Sänger und Gitarrist Ducki Duckstein, Schlagzeuger Willi Pulm und Gitarrist Ronny Derouiche sind alte Hasen und fest in der Szene verwurzelt. Ein Leben ohne Musik? „Das wäre schwierig“, sagt Pulm, der einige Jahre sogar gut von ihr leben konnte. Er wollte mehrfach aufhören, sich um andere Dinge kümmern. „Aber das hat nie geklappt“, sagt der 67-Jährige. Im Ruhestand hat er nun sogar Zeit, tagsüber zu trommeln. Die Band gibt es seit mehr als zehn Jahren in wechselnder Besetzung.

Bassist Peter „Pitter“ Röttger (70) kam zuletzt dazu.Mit vierzig griff er wieder zur Gitarre, nachdem er das Instrument in seiner Jugend erlernt hatte. Der Ingenieur spielte E-Gitarre, bis ihm Probleme im Zeigefinger zu schaffen machten. Dann wechselte er zum E-Bass. Als das Ende seines Berufslebens absehbar war – er wirkte an den ersten Mobilfunknetzen in Deutschland mit – suchte er sich eine Band. „Alleine spielen ist Driss, man entwickelt sich nicht weiter“, sagt er.

„Auf der Bühne musst du liefern“

Und dann, seit der Pensionierung, hatte er richtig Zeit. Er lernte Ducki und Willi im Proberaum nebenan kennen. Und vor einem Jahr stieg er schließlich bei „Phil Ze Loud“ ein. Und musste erst einmal richtig schuften. 25 Songs aus dem Repertoire sollte er in ein paar Wochen drauf haben. Bei manchen Liedern hält er sich genau an die originalen Basslines, bei anderen versucht er den Stil des jeweiligen Bassisten zu verstehen und interpretiert die Vorlage etwas freier. Er übt jeden Tag zwei Stunden zuhause. Kein Vergleich zu seinen früheren Arbeitstagen, sagt er. Seine Frau höre ihm gerne zu.

Dass sich der Aufwand lohnt, merkt Röttger immer, wenn er mit der Band auf der Bühne steht: „Dann musst du liefern, zeigen, was du gemacht hast.“ Und dann stehen die vier im Rampenlicht: Schweißperlen kleben die grauen Haare des Sängers an seine Schläfen. Ein Scheinwerfer lässt den weißen Schopf des Bassisten aufleuchten und der Gitarrist verdeckt die hohe Stirn auf der Bühne mit einem Hut. Das Publikum geht mit, die Musik pulsiert durch den Raum. „Aber auch das Auftreten musst du lernen“, sagt Röttger. „Und das schaffst du mit einem Auftritt im Jahr nicht.“ Deshalb ist für die Jungs nach dem Konzert eigentlich immer vor dem Konzert – auch wenn sie nach dem Abbau der Technik und der Heimfahrt völlig fertig sind und nicht selten erst am frühen Morgen im Bett liegen. Röttger verflucht die Schlepperei. Doch Aufhören ist für die vier keine Alternative: „Du brauchst einfach Publikum“, beschreibt sein Bandkollege Willi Pulm das Fieber, das eher stärker als schwächer zu werden scheint. An musikalischen Ruhestand ist nicht zu denken.

Rockbands 60plus

Music Academy

Unterricht für alle ab 60 Jahren, Schwerpunkt Rockmusik. Zwei Einzelstunden à 30 Minuten und zwei Bandstunden à 60 Minuten pro Monat. Instrumente kann man leihen. Kostenlose Probestunde. Maarweg 149–161, 50825 Köln, Tel. 0221 /
26 02 60 55, www.music-academy.com/koeln-west.

Ein Rockchor 60plus wird ab 13.4. angeboten. Hier geht es zur Veranstaltung: Rockchor 60plus

Bands

Grooving Rust ist erreichbar über die Music Academy.

Bushfield
www.bushfield.de

Sa, 14. April, 17.30 Uhr, „Rock in Riehl“, im Seniorentreff Riehl, Boltensternstr. 16, Köln-Riehl. Eintritt frei.

Phil Ze Loud
www.philzeloud.com

Do, 10. Mai, 17 Uhr, im Babonsky, Stommelner Str. 143, Pulheim-Sinnersdorf. Eintritt frei.
Fr, 11. Mai, 20 Uhr, im Schützenhof, Feldgärtenstr. 141, Köln-Niehl. Eintritt: 5 Euro.
Sa, 19. Mai, 20 Uhr, im Flora 6, Florastr. 6, Köln-Nippes. Eintritt frei.
So, 8. Juli, 17 Uhr, Open Air im Quirl, Hauptstr. 264, Bergisch Gladbach. Eintritt frei.

Tags: Musik

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